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Langsame Internetanschlüsse: Wenn Abzocke nicht weiter stört

© Getty Images / stevanovicigor

Zuhause und unterwegs: Die deutschen Internetprovider beschummeln uns bei der Geschwindigkeit und wir akzeptieren das. Warum lassen wir uns eigentlich freiwillig abzocken? Ein Kommentar zum Jahresbericht der Bundesnetzagentur.

 
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Stell dir vor, du gehst in eine Kneipe und bestellst ein Bier. Der Wirt nickt, geht zum Zapfhahn und stellt dir dann ein halbvolles Glas hin. Du siehst das, zuckst mit den Schultern, sagst „Danke“ und trinkst es dann gemütlich aus. Stell dir vor, dein Friseur schneidet deine Haare nur zur Hälfte und meint, den Rest mache er dann später oder morgen. Stell dir vor, du bezahlst einen leistungsstarken Golf GTI und bekommst einen Polo mit 65 PS.

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Sie tun es, weil sie es können

Diese absurden Beispiele sollen verbildlichen, was der neue Bericht Breitbandmessung 2017 der Bundesnetzagentur aufdeckt und nicht wenige von uns erdulden. Auch ich bin privat Nutzer eines Internetanschlusses, der nicht hält, was mein Vertrag verspricht. Meine 100-Mbit-Leitung kommt gelegentlich auf Download-Raten über 80 Mbit/s, aber spätestens in den Abendstunden darf ich mich regelmäßig mit Werten unterhalb der 50 Mbit/s begnügen. Ich sollte mich eigentlich beschweren. Nicht irgendwann, sondern am besten sofort.

Meine Internetgeschwindigkeit in den Abendstunden. Gebucht habe ich laut Vertrag 100 Mbps (Bildquelle: Screenshot, fast.com)

Wer sich bereits wegen einer zu langsamen Anbindung beim Provider beschwert hat, darf sich auf die Schulter klopfen. Hier soll es um alle anderen Menschen gehen, die – zuhause oder mobil – weniger bekommen als versprochen, ohne sich dagegen zu wehren.

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Ich will hier nicht die alte Leier von der Politik anstimmen, die wir dazu auffordern müssen, dass sie den Breitbandausbau fördert: Das ist schon längst erledigt. Ein Blick auf die Parteiprogramme zeigt, dass es keine Partei gibt, die „langsameres Internet und überlastete Netze“ will. Egal ob Regierung oder Opposition – alle wollen das superschnelle Internet für die führende Industrienation Deutschland. Wer hätte das gedacht.

Mir geht es auch nicht um die bösen Provider, die uns belügen. Da ist der Sachverhalt ganz einfach: Sie tun es, weil sie es können. Das kennt man auch von anderen Beispielen und nicht nur bei Unternehmen. Auch wir Menschen handeln gerne so. Was durchgeht, wird gemacht – solange es eben durchgeht. Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.

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Wo ist der Schalter im Kopf?

Mir geht es um uns, die Kunden. Ich möchte hier eine Frage aufwerfen und dazu anregen, diese sich selbst zu stellen: Warum sind wir manchmal extrem kritische Kunden, die nicht die geringste Abweichung tolerieren und gleichzeitig – an anderer Stelle – bereitwillige Opfer von Werbelügen?

Wieso gelten beim Internetprovider nicht die selben Maßstäbe wie beim Metzger? Ich will 100 Gramm und ich bekomme 100 Gramm. Alles andere hätte unmittelbare Konsequenzen. Bei Betrug hört der Spaß auf, da werde ich unbequem wie John Wick:

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Die lahmen Geschwindigkeiten und Funklöcher, die uns aufregen, die wir aber trotzdem hinnehmen – sie müssen wohl irgendetwas mit einem Schalter im Kopf zu tun haben. Ein psychologisches Phänomen, das unsere Wut nicht in Handlungen umwandelt, sondern sie in ein Endlager wegschafft, wie Atommüll. Man kann diejenigen Unternehmen nur bewundern, die es schaffen, diesen versteckten Schalter umzulegen und uns so weniger geben können, als sie uns versprochen haben. Es muss eine Kunst sein, diese Manipulation durchzuführen.

Mein Endlager ist mittlerweile leider voll. Ich schreibe heute meinem Provider eine Mail und sende ihm meine Messwerte. Das wiederhole ich dann jede Woche. Bis ich das bekomme, wofür ich bezahle.

Anmerkung: Die in diesem Artikel ausgedrückten Ansichten und Meinungen sind die des Autors und stellen nicht zwingend den Standpunkt der GIGA-Redaktion dar.

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