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Shadow of the Colossus im Test: Wie aus Hass Liebe wurde


Shadow of the Colossus gilt als eines der besten und emotionalsten Spiele aller Zeiten. Und trotzdem bin ich mit dem Meisterwerk von Fumito Ueda nie warm geworden – bis jetzt.

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Fazit zum Test: So ist Shadow of the Colossus (2018) wirklich
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Alles begann 2007: Endlich kann ich mir eine PlayStation 2 leisten. Weil die Nachfolgekonsole schon auf dem Markt ist, kostet die PS2 nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Preises – perfekt für meinen zu Schulzeiten schmalen Geldbeutel. Von Shadow of the Colossus höre ich erst einige Jahre später, als ich mir 2011 einen Podcast zu den besten Spielen für meine bis dato einzige Konsole anhöre.

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Als ich das Spiel selbst in den Händen halte, freue mich schon riesig darauf, es endlich ausprobieren zu dürfen. Ich lege die Disc ein und kann es kaum erwarten, bis die erste, lange Cutscene endet – und bin schließlich geschockt angesichts der Grafik, Kamera und vor allem der Steuerung meines Pferdes Agro. Ich scherze schon, ich müsse alle Kolosse zu Fuß erreichen – wer das Spiel kennt, der weiß, dass das viel zu lange dauern würde.

So grau in grau sah Shadow of the Colossus noch auf der PS2 aus.

Weil Shadow of the Colossus offenbar schneller altert als die Konsole an sich, gewöhne ich mich nur schleppend an die invertierte Kamera und die schwammige Steuerung. Und da stehe ich nun vor dem ersten Koloss, der so mächtig und stark scheint, weiß nicht, was zu tun ist und bekomme ständig einen heftigen Schlag von ihm ab. Ich verschanze mich hinter einem Stein, traue mich nicht mehr hervor – und mache nach einiger Zeit frustriert die Konsole aus.

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Die Reise beginnt

Seitdem habe ich mich nicht mehr an Shadow of the Colossus herangetraut. Noch viel schlimmer: Ich konnte nie nachvollziehen, was das Spiel für so viele eigentlich so besonders macht. Umso mehr freute ich mich auf das PS4-Remake. Endlich würde die Grafik ihren Grauschleier verlieren, die Kamera nicht mehr so zicken und Agro endlich dorthin reiten, wo ich hin möchte. Und vielleicht würde dadurch mein Groll auf Shadow of the Colossus verschwinden.

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Mit etwas Übung gelingt mir auch die Steuerung von Pferd Argo – wir werden zu einem unschlagbaren Team.

Der Einstieg macht Hoffnung: Die ersten Bilder sind klar und detailliert, anstatt eines grauen Einheitsbreis ist die Umgebung vielfältig, manchmal sogar bunt. Es gibt keine dunklen Ecken mehr, in denen ich kein Meter weit sehen kann. Und trotzdem ist die Stimmung schon jetzt so erdrückend, dass ich mich kaum traue, auf den ersten Koloss zuzureiten.

Schließlich ist die Handlung von Shadow of the Colossus nicht gerade erquickend: Du bist Wander, dessen geliebte Mono wegen ihres verfluchten Schicksals geopfert wurde. Du bringst sie in den Schrein von Dormin, der dir erzählt, er könne sie wiederbeleben – allerdings nur gegen einen hohen Preis. Du willigst ein und wirst von ihm beauftragt, die 16 Kolosse umzubringen, die in den Landen um den Schrein leben.

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Dein Ziel in Shadow of the Colossus: Deine geliebte Mono von den Toten zurückzuholen.

Die Steuerung ist knifflig zu erlernen, geht mir aber deutlich besser von der Hand als noch zu PS2-Zeiten. Pferd Agro macht mit etwas Übung endlich das, was ich ihm befehle, auch wenn er, wie ich jetzt merke, ab und an seinen eigenen Willen beweist. Das stört mich aber keineswegs, macht es das Pferd für mich doch nur sympathisch (und das, obwohl ich Pferde normalerweise nicht leiden kann). Im Verlauf des Spiels baue ich eine richtige Bindung zu ihm auf, die Reise ohne ihn wird für mich zunehmend undenkbar.

Angst macht sich breit

Was mir nach wie vor allerdings zu schaffen macht, ist die Kamera. Wie in PS2-Zeiten richtet sie sich selbstständig aus, andere Winkel als vorgegeben zu betrachten, ist nur kurzzeitig möglich, nach wenigen Sekunden kehrt die Kamera wieder zu ihrer ursprünglichen Position zurück. Mit Wänden, die es in Shadow of the Colossus zuhauf gibt, kommt die Kamera gar nicht klar, nicht selten sehe ich gar nichts, weil sie irgendwo in einer Wand feststeckt. Das ist besonders kritisch, kämpfe ich gerade mit einem der massiven Kolosse.

Auch die drückende Atmosphäre im Spiel macht es mir nicht leicht, motiviert zu bleiben. Habe ich Anfangs Angst, von den Kolossen durch eine unbedachte Bewegung umgebracht zu werden, fällt mir das Kämpfen mit jedem zur Strecke gebrachten Koloss leichter. Es macht fast schon Spaß, meinen Gegner so lange zu beobachten und zu triezen, bis ich seine individuelle Schwachstelle ausgemacht habe und ihn mit meinem Schwert zu Fall bringe.

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Umso mehr Kolosse ich besiege, desto mehr Spaß macht es mir, sie zur Strecke zu bringen – obwohl ich weiß, dass es falsch ist.

Jedes Mal, wenn ich einen Gegner bezwungen habe, gibt mir das Spiel allerdings zu verstehen, dass ich keinen Spaß empfinden sollte. Schließlich handelt es sich bei den Kolossen um prinzipiell friedliche Wesen, die im Einklang mit ihrer Umgebung leben. Um den ersten Koloss schwirren beispielsweise Vögel, die ihn absolut nicht zu stören scheinen. Mit jedem Boss fühle ich mich dadurch schlechter.

Nicht nur, weil Wander jedes Mal mit einer dunklen Macht erfüllt zu werden scheint und die Musik düsterer wird, sondern auch, weil ich zunehmend ein schlechtes Gewissen habe, so sehr in den Lauf der Dinge einzugreifen. Es spricht entgegen jeder Erfahrung, die ich bislang mit Spielen gemacht habe, das hier das Töten von NPCs oder Mitspielern mit einem Erfolg gleichgesetzt wird. Nur mit viel Überwindung mache ich mich auf zum nächsten Gegner, ich will das Spiel endlich schlagen – koste es was es wolle.

Besonders die Umgebungen im Shadow of the Colossus-Remake bringen dich zum Staunen.

Nicht so düster wie es scheint

Was mich antreibt: Die wunderschöne Umgebung im Remake des Klassikers. Wurde diese bislang wegen des Grau in Graus als trostlos und einsam beschrieben, erlebe ich sie als Erleichterung. Ich begegne kleinen Tieren, die meinen Weg kreuzen, laufe über satt grüne Wiesen oder durch dichte Wälder.

Ich genieße die Reise mit Agro, sie ist ein passender Kontrast zu den anstrengenden Kämpfen mit den Kolossen. Wer weiß, wäre die Welt noch so grau wie im Original, hätte ich mich wohl viel mehr zum Spielen zwingen müssen – und wäre jetzt bestimmt nicht so weit, wie ich es bin.

Diese Spiele für die PS4 solltest du unbedingt auch nachholen:

Mein Fazit zu Shadow of the Colossus: Ein alter Feind wird endlich bezwungen

Ja, ich habe Shadow of the Colossus endlich bezwungen. Viel Spaß gemacht hat es mir aber immer noch nicht. Trotzdem bin ich froh, dem Spiel eine zweite Chance gegeben zu haben. Ansonsten hätte ich niemals einen so guten Videospiel-Begleiter kennengelernt, wie es Agro ist. Ich hätte niemals gelernt, mich so lange zum Spielen zu zwingen, bis ich einen Boss besiegt habe und nicht zu früh aufzugeben. Ich habe mich meinen Ängsten gestellt und bin daran gewachsen.

Und genau das ist es, was Shadow of the Colossus so besonders macht. Ich kann wirklich jedem diese außergewöhnliche Videospiel-Erfahrung ans Herz legen. Trotz der übrig gebliebenen Fehler aus PS2-Zeiten, der zickigen Kamera-Steuerung, der drückenden Stimmung und der beängstigenden Boss-Gegner.

Wird dir gefallen, wenn du auf Boss-Kämpfe stehst, dir Spiele mit düsterer Atmosphäre gefallen und du bereit bist, dich immer wieder von neuem herauszufordern.

Wird dir nicht gefallen, wenn ein Spiel dich motivieren muss, damit du es weiterspielst, ruhige Passagen nichts für dich sind und du Spiele abseits des Mainstreams prinzipiell nicht anrührst.

Wertung
8.5/10
“Shadow of the Colossus ist nach wie vor ein Meisterwerk – auch, wenn es immer noch nicht zu 100 Prozent auf dem neusten Stand ist. Du kämpfst gegen 16 Kolosse, für die Liebe deines Lebens, aber vor allem gegen dich selbst, deine Ängste und deine Schwächen. Das macht selten Spaß, ist dafür aber umso lehrreicher.”
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