Was wäre, wenn euch Onlinehändler nicht mehr belügen dürften? Wenn ein Rabatt mit durchgestrichenem Preis günstiger als jedes Angebot der letzten 30 Tage sein müsste? Oder wenn sie sicherstellen müssen, dass Kundenbewertungen echt sind? Das und mehr verspricht euch die „Omnibus-Richtlinie“ der EU. Hier erfahrt ihr mehr…
Der seltsame Name „Omnibus-Richtlinie“ bezieht sich natürlich nicht auf den Nahverkehr, sondern leitet sich vom lateinischen „omnibus“ ab, das soviel wie „für alle“ bedeutet. Übertragen auf die EU-Verordnung bedeutet es, dass sie für alle und für beide Seiten gilt, also für Kunden und Händler.
Welches Ziel hat die Omnibus-Richtlinie?
Das grundlegende Ziel dieser Richtlinie ist, die Verbraucherrechte in der gesamten EU zu stärken. Dazu wurde bereits Ende 2019 mehrere Verbraucherschutzrichtlinien geändert. Verschiedene Prüfungen der geltenden Rechte hatten ergeben, dass vor allem Verbraucher nicht ausreichend informiert waren, was die Durchsetzung von Rechtsmaßnahmen erschwerte.
Auch die Rechtslage bezüglich etwaiger Strafen war nicht einheitlich und nicht konkret genug, sodass sich die Kommission entschloss, diese Mängel zu beseitigen, um ein überall und für alle gültiges Regelwerk zu schaffen.
Diese EU-Verordnung ist seit dem 28. Mai 2022 gültig und wird den Onlinehandel hoffentlich kräftig aufräumen.
Die Omnibus-Richtlinie bringt diese Vorteile für Verbraucher
Eine der wichtigsten Grundregeln könnte man mit „Händler dürfen nicht mehr mogeln oder lügen“ zusammenfassen. Das bedeutet zum Beispiel:
- Preisangaben bei Rabatten und „Durchstreichpreisen“: Wenn ein Artikel damit beworben wird, dass der alte Preis durchgestrichen und ein neuer genannt ist, dann unterliegt der angegebene alte Preis einer 30-Tage-Regel. Es muss der günstigste Preis genannt werden, den ein Artikel in den letzten 30 Tagen hatte.
Das soll verhindern, dass Händler den Preis vor einer Rabattaktion kurzzeitig stark anheben, um ihn anschließend auf den alten Preis „fallen“ zu lassen.
- Personalisierte Preise: Wenn eine Ware bei einem Händler unterschiedliche Preise hat, je nachdem welcher Käufergruppe er angehört oder über welchen Link er kam, dann muss das transparent gemacht werden.
Werden Preise in Shops „auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert“, dann muss der Kunde das erfahren.
- Gefälschte Kundenbewertungen: Shops müssen sicherstellen, dass nur echte Rezensionen zu sehen sind, die von Kunden stammen, welche die Waren tatsächlich gekauft haben. Außerdem muss der Händler angeben, wie und ob er diese Echtheit prüft. Das muss direkt bei den Bewertungen stehen.
Hier gibt es leider Ausnahmen bei Kundenurteilen, die nicht vom Händler selbst veranlasst wurden. Wenn also etwa ein Marketplace-Händler bei Amazon Rezensionen bekommt, ist die Prüfung nicht seine Aufgabe. In dem Zusammenhang hat Amazon schon Tausende Händler rausgeschmissen, die mit gefälschten Bewertungen geworben haben.
- Bezahlte Suchpositionen: Wer dafür bezahlt, dass sein Angebot bei bestimmten Suchworten ganz oben steht, muss das als Werbung kennzeichnen und seine Kunden auch darüber aufklären, wie solche „Toprankings“ zustande kommen.
- Ranking auf Online-Marktplätzen: Wenn ein Händler auf einem Marktplatz wie etwa eBay, Amazon oder AliExpress verkauft, muss der Betreiber dieses Portals darüber informieren, wie die Rankings von Suchergebnissen zustande kommen.
Damit soll transparenter werden, wenn Händler oder Artikel in den Suchergebnissen nicht deswegen ganz oben stehen, weil sie die besten sind, sondern weil sie dafür bezahlt haben.
Darum steht etwa ganz oben bei den Suchergebnissen einer Amazon-Suche der Link „Erfahre mehr über diese Ergebnisse.“ Auf der nachfolgenden Seite findet ihr dann alle nötigen Informationen über die Anzeigereihenfolge. Suchparameter, Angebote aber auch über bezahlte Positionen.
- Schadensersatz für Verbraucher: Durch die Omnibus-Richtlinie wird nicht nur geregelt, dass und wie Verstöße geahndet werden können, sondern auch, dass dem Kunden bei einigen Verstößen ein Schadensersatz zusteht.
Während bislang nur Mitbewerber oder Abmahnverbände Kosten geltend machen konnten, gilt das nun auch für Verbraucher. Wenn sie also etwa durch angebliche Billigpreise ins Geschäft gelockt werden, wo es dann den beworbenen Artikel nicht zu dem Werbepreis gibt, können Verbraucher beispielsweise ihre Fahrtkosten geltend machen.
Auch in „Überrumpelungssituationen“ steht Verbrauchern nun eventuell ein Schadensersatz zu, wenn etwa Schlüsseldienste abends Phantasiepreise aufrufen, um eine zugefallene Tür zu öffnen.
Darauf müssen Händler jetzt bei der Omnibus-Richtlinie achten
Für Händler verschärft die neue EU-Richtlinie einiges. Sie sorgt für mehr Markttransparenz und dafür, dass viele Händlertricks nicht mehr funktionieren. Vor allem die schwarzen Schafe müssen sich umgucken. Doch einige Vorschriften betreffen jeden Verkäufer, unabhängig davon, ob er einen Marktplatz nutzt oder einen eigenen Shop betreibt. Hier sind einige wichtige Eckpunkte:
- Bei eBay und Co. muss deutlich gemacht werden, ob es sich um einen privaten oder gewerblichen Verkauf handelt.
- Rabattpreise müssten mit der Angabe alter Preise sich immer auf den günstigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen.
- Nicht nur Mitbewerber und Abmahnvereine, sondern auch Kunden können unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz fordern. Etwa dann, wenn sie wegen Anlockwerbung ins Geschäft kommen und der beworbene Artikel nicht verfügbar ist.
- Die Widerrufsregelungen bei digitalen Leistungen sind stark konkretisiert worden und müssen sicherlich in den meisten Fällen angepasst werden. Unter anderem können sich Widerrufsfristen unter bestimmten Umständen von 14 auf 30 Tage verlängern.
- Bei Sanktionen gegen Verstöße werden mehrere „Tatbestände“ berücksichtigt und die Strafen müssen laut Richtlinie „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein“. Mindestens 4 % des Jahresumsatzes werden dabei veranschlagt. Wenn es darüber keine Angaben gibt, kann eine Strafe von bis zu 2 Millionen Euro festgelegt werden.
- Grundpreisangaben müssen sich nun prinzipiell auf Maßeinheiten wie 1 Kilogramm oder 1 Liter beziehen. Angaben von 100 Milliliter oder 100 Gramm sind nicht länger zulässig. Werden also etwa 100-Gramm-Dosen Katzenfutter verkauft, muss sich der Grundpreis auf 1 Kilogramm beziehen.
- Der Wiederverkauf von Eintrittskarten ist untersagt, wenn der Händler automatisierte Verfahren (etwa Bots) genutzt hat, um unzulässige Mengen an Tickets zu besorgen.
- Jede Kontaktaufnahme mit Verbrauchern, nicht nur zu Werbezwecken, ist untersagt, solange sie nicht der Erfüllung eines abgeschlossenen Vertrages dient.
Diese Regeln verbieten beispielsweise beim Dropshipping Verfügbarkeitsangaben, die nicht gehalten werden können. Wer Waren anbietet, die er selbst nicht auf Lager hat, riskiert damit teure Abmahnungen.
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