Mac mini als Mediencenter und HTPC: Ein Experiment im Wohnzimmer

Der Mac mini als Mediencenter im Wohnzimmer — dieses Projekt nehmen wir heute in Angriff. Das neue Design, aber auch die Leistungsmerkmale des Mac mini (2012) machen ihn zu einem geeigneten Kandidaten für den Dienst als HTPC. Erst recht mit etwas Zubehör.
Nehmen wir zunächst den Mac mini selbst zur Hand. OS X ist nicht besonders gut geeignet für die Bedienung von der Couch aus. Zwar kann man in den Systemeinstellungen einen schnellen Zoom einrichten, so richtig Freude will damit aber auch nicht aufkommen. Vor allem, wenn es um die schnelle Auswahl von Videos, Musik und Bildern geht.
Eine sehr viel schönere Benutzeroberfläche für die so genannte „10-Fuß-Bedienung“ (aus 10 Fuß Entfernung, nicht zur Bedienung mit 10 Füßen) bieten Mediacenter-Programme. Dazu gehören zum Beispiel Plex und XBMC, die wir hier gegenüberstellen werden.
Mac mini als Mediacenter: Hardware und Zubehör
Aber zunächst zum Hardware-Setup, schließlich geht es hier um den Mac mini. Die Systemanforderungen für die jeweiligen Programme sind denkbar gering. XBMC läuft in einer Variante sogar auf dem Raspberry Pi, weiß also recht schonend mit knappen Ressourcen umzugehen.
Mit einem aktuellen Einstiegsmodell des Mac mini kann man also nichts verkehrt machen. Wie ich bereits in meinem Test zu Apples kleinstem Desktop-Rechner festgestellt habe, macht das elegante Unibody-Gehäuse optisch einiges her. Verstecken muss man ihn also nicht. Sollte bei euch aber Platzmangel herrschen, lässt er sich problemlos hochkant ins Bücherregal verfrachten. Wichtig ist nur, dass der Infrarot-Empfänger an der Front weiterhin sichtbar ist.
Alternativ gibt es auch diverse Apps für iPhone und iPad, mit denen sich Mediacenter-Programme fernsteuern lassen, so etwa die „Official XBMC Remote“ oder „Plex“
Als Datenspeicher für Videos, Musik und Bilder lassen sich problemlos mehrere externe Festplatten, NAS-Geräte oder eine entsprechend dimensionierte interne Festplatte nutzen. Darüber hinaus kann man natürlich eine ausreichend große SD-Karte verwenden.
In unserem Fall haust auf dem System-Laufwerk, einer SSD mit 120 GB, noch eine Menge Office- und sonstiger Programme. Das ergibt sich aus seinem üblichen Einsatzort, meinem Schreibtisch in der Redaktion. Wer aber einen reinen HTPC (Home-Theater-PC) basteln möchte, kann sich fast aller Zusatzsoftware entledigen. So schafft man genug Platz für Inhalte.
Die Software — Plex oder XBMC?
Wer sich nach frei verfügbarer Software umsieht, die Fernseher und Mac in eine Mediacenter-Einheit verwandelt, stößt schnell auf diese beiden Programme: Plex und XBMC. Sie unterscheiden sich in manchen Bereichen ganz wesentlich, in anderen nur marginal. Welches man bevorzugt, hängt also, wie fast immer, ganz von Anspruch und Bedarf ab.
Beide beinhalten von Haus aus die Möglichkeit, vorhandene Inhalte zu katalogisieren. DVD- und CD-Cover werden automatisch heruntergeladen, Informationen zu Interpreten und Darstellern ebenfalls. Außerdem können für beide diverse Add-Ons heruntergeladen werden, mit denen man zum Beispiel YouTube-Videos abspielen und auf Spotify oder Flickr-Alben zugreifen kann.
Mir scheint, als gäbe es für XBMC ein paar mehr dieser Zusatz-Apps als für Plex - außerdem ist das Erstgenannte von einer größeren Community unterstützt. Hinter Plex steht inzwischen ein Unternehmen, das neben der Entwicklung der Gratis-Apps auch Live-Support und kostenpflichtige Zusatzleistungen bietet.
Für die Entscheidungsfindung empfehle ich, sich beide Lösungen einmal zu installieren, die jeweiligen Bibliotheken zu füllen und ein wenig herumzuspielen. Oftmals hängt die Präferenz für das eine oder andere System dann an Kleinigkeiten. Aber kommen wir zu den deutlichen Unterschieden.
Plex: Die Server-Lösung
Zunächst die offensichtliche Abgrenzung: Plex besteht eigentlich aus zwei Teilen — einem Player und einem Server. Beides kann problemlos auf demselben Rechner installiert werden, der Player erkennt die auf dem Server konfigurierten Inhalte selbständig.
Diese Aufspaltung macht es etwas umständlicher, Medien zur Bibliothek hinzuzufügen. Man definiert Inhalte und Bereiche (Filme, Serien, Musik, etc.) in einem Browserfenster — das geht von der Couch aus nicht immer ohne weiteres.
Gleichzeitig erhält man dadurch aber die Möglichkeit, lange und komplexe Passwörter (zum Beispiel für YouTube- oder Spotify-Konten) einfach in die jeweiligen Add-Ons einzutragen. Copy&Paste ist nämlich in keinem der beiden Systeme möglich, ob mit Tastatur oder ohne.
Kommt man ganz ohne Anmeldungen aus oder hat leicht von Hand einzutippende Passwörter, spielt das natürlich keine Rolle.
Was bleibt, ist eine Prise mehr Vielfalt bei der App-Auswahl, die XBMC bieten kann. Im Großen und Ganzen nehmen sich aber beide Programme nichts. Will man es so einfach wie möglich, nutzt man das Xbox Media Center, da man damit nur ein Programm konfigurieren und keinen Server bedienen muss.
XBMC: Der persönliche Favorit
Konfigurieren — das ist auch gleich das nächste wichtige Stichwort. Wenn man möchte, kann man nämlich so gut wie alles verändern und personalisieren. Das dürfte den Android-Usern unter euch gefallen. Manche Skins bieten umfassende Einstellungsmöglichkeiten für Menüs, Widgets und mehr. So zum Beispiel Aeon Nox — ein Skin, der mit gleich einer ganzen Reihe eigener Einstellungsmöglichkeiten daher kommt.
Dank der umfangreichen Hilfeseiten im XBMC-Wiki sollte für ambitionierte Hobbydesigner auch das Erstellen eigener Skins keine große Hürde darstellen.
Andererseits kann man auch mit einer unveränderten Installation des Programms alle Funktionen nutzen und sich voll auf den Genus von Filmen, Musik und Fotos konzentrieren.
Ordnung muss sein: Vorbereitung spart Arbeit
Als Vorbereitung fürs Anlegen einer XBMC-Mediathek empfiehlt es sich, die gewünschten Daten zuvor auf dem Quellmedium ein wenig zu sortieren. Am besten nach Medienart — also Musik in einen Ordner, Filme in den nächsten und Serien in einen weiteren. So kann man sich viel Arbeit sparen.
Jetzt muss man dem Programm nämlich nur noch einen Ordner pro Inhaltsart nennen, den Rest erledigt die Software eigenständig. So lange innerhalb des Musikordners die Struktur Interpret/Album/Titel gewahrt bleibt und der Ordner für TV-Serien fein säuberlich nach Serientitel und Staffel trennt, bleibt lediglich zu hoffen, dass die Datenbanken die nötigen Informationen enthalten.
Add-Ons: Gute Ergänzung der Mediathek
Ist die Mediathek der „Offline-Inhalte“ angelegt, kann man sich auch noch nach Quellen für Videostreams im Internet umsehen. Das Angebot an Add-Ons ist reichhaltig. Sie erlauben den Zugriff auf
- Apple iTunes Podcasts
- Apple iTunes Trailers
- Arte.tv
- Funny Or Die
- Spotify (Premium-Konto erforderlich)
- Tagesschau
- TED Talks
- Wimp.com
- YouTube
Darüber hinaus gibt es auch eine Vielzahl von kleinen Programmen, mit denen man zum Beispiel Medienordner überwachen und die XBMC-Mediathek automatisch aktualisieren lassen kann. Auch Kindersicherungen, Torrent-Clients und Verbindungen zu bestehenden Plex-Mediaservern sind erhältlich — kurzum alles, was das Mediacenter-Herz begehrt.
Fazit: Mac mini als Mediacenter: Experiment geglückt
Wir sehen: Es muss nicht immer ein Apple TV I oder II mit Jailbreak sein. Sicher, die kleine schwarze Dose ist günstiger als ein Mac mini. Hat man aber einen „übrig“ oder kommt günstig an ein älteres Modell, liegt der Einsatz als HTPC nahe.
Ein weiterer Vorteil dieser Lösung gegenüber XBMC auf dem Apple TV: Festplatten lassen sich einfacher via USB oder Thunderbolt anschließen — am Jailbreak-Apple-TV steht nur der Mini-USB-Anschluss zur Verfügung, oder das Streamen über Wi-Fi. Ein Nachteil: Streaming-Dienste wie Watchever sind bislang nicht als Add-On für XBMC erhältlich. Um diese zu nutzen, muss man weiterhin angestrengt aufs TV-Gerät starren und mit Maus & Tastatur im Browser herumhantieren. Auf dem Apple TV kann man hingegen schon jetzt direkt auf die Filme und Serien des Dienstes zugreifen.
Probleme mit Dateiformaten hatte ich übrigens nur ein einziges Mal. Ein mit iTunes gekauftes mkv-Video wollte sich nicht so recht abspielen lassen.
Beide Geräte lassen zudem jedwede Laufwerke für DVD oder Blu-ray vermissen. Damit sind sie für Sammler oder notorische Ausleiher nur bedingt als HTPC geeignet. Nicht vergessen darf man aber natürlich die Möglichkeit, fehlende Laufwerke später hinzuzukaufen. Das externe USB-Laufwerk SuperDrive von Apple ist ein DVD-Brenner.
Wer auf Blu-rays besteht, muss zu Drittanbieter-Zubehör greifen, wie zum Beispiel dem Newertech MiniStack Max. Für 290 Euro bekommt man einen Blu-ray-/DVD-Brenner mit SD-Kartensteckplatz, USB 3.0, FireWire, eSata und mehr. Wer den Blu-ray-Brenner nicht unbedingt benötigt, kann ein Modell für 230 Euro bekommen. Da Blu-ray auf dem Mac ein etwas schwieriges Thema ist, werde ich darauf in einem gesonderten Artikel noch einmal näher eingehen.
Dieses Experiment Mac mini (2012) als Mediacenter wird ermöglicht durch die freundliche Unterstützung von Saturn Berlin Europa-Center. Wenn ihr über aktuelle Angebote informiert werden möchtet, folgt bei Twitter: @SatEuropaCenter.
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