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Ist Viagogo seriös? Rammstein verbietet Ticketverkauf!

Ihr solltet euch gut überlegen, ob ihr Tickets bei Viagogo kauft! (© IMAGO / Depositphotos)

Viele der im Netz zu findenden Viagogo-Erfahrungen warnen vor dem Anbieter, aber woran liegt das? Ist Viagogo unseriös und der Tickethandel eine Abzocke oder haben da bloß einige das Geschäftsmodell nicht verstanden? Dier Ärzte warnen sogar ausdrücklich vor „Viagogo und anderen Gangster-Portalen“. Was ist passiert und welche Folgen wird das für die Konzerte, Fans und Tickethändler haben? Ein Überblick…

 
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Aktuell ist Viagogo wieder in aller Munde, weil es für die Deutschland-Auftritte von Adele nur rund 800.000 Tickets für über 2 Millionen Ticketsuchende gibt. Das ist natürlich eine ideale Situation für die Ticketbörse, mal wieder kräftig abzukassieren. Der Ticket-Anbieter Eventim geht mit einer cleveren Methode gegen diesen Ticketschwarzmarkt vor, indem statt eines Papiertickets nur ein digitaler „EVENTIM.Pass“ abgegeben wird, für den man auf seinem Handy die „EVENTIM.App“ benötigt. Diese Art des Tickets kann man nicht mehr weitergeben. Trotzdem ist damit zu rechnen, dass wieder eine Menge Tickets bei Viagogo gekauft werden - zu absoluten Mondpreisen.

Selbst einigermaßen zufriedene Kunden erwähnen bei Viagogo immer die anscheinend maßlos hohen Ticket-Preise. Das stört nicht nur die Fans, sondern teilweise auch die Stars und so hat Ed Sheeran als einer der ersten Musiker Schwarzmarkthändlern wie Viagogo den Kampf angesagt.

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Rammstein ging gegen Viagogo vor Gericht – mehrmals

Wie Rolling Stone berichtete, darf Viagogo keine Rammstein-Tickets für die kommenden Konzerte anbieten. Rammstein und ihre Anwälte haben beim Landgericht Hamburg eine weitere einstweilige Verfügung gegen den Tickertverkauf durch Viagogo erreicht. Bereits 2018 wurden dem Unternehmen der Verkauf von Rammstein-Tickets und die Schaltung von Google-Adwords für diese Konzerte untersagt.

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Jetzt nutzen die Rechtsanwälte Peer Boris Schade und Sebastian Ott ein anderes Werkzeug: Die neuen Verbraucherschutz-Vorschriften von Mai 2022 sollen in diesem Fall dafür sorgen, dass Käufer vor überteuerten oder gefälschten Tickes geschützt werden. Gültige Rammstein-Tickets gibt es ausschließlkich bei Eventim und alle anderweitig gekauften Tickes sind ungültig.

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Screenshot: Viagogo bietet Rammstein-Tickets an
Bildquelle: GIGA

Wie der Screenshot zeigt, scheint das für Viagogo allerdings kein Hinderungsgrund zu sein, doch Tickets für die 2023er-Rammsteinkonzerte anzubieten. Dort zu kaufen kann sich allerdings zu einem Risiko entwickeln, wenn eine spätere Prüfung ergibt, dass die Tickets nicht ordnungsgemäß bei Eventim erworben wurden.

 

„Die Ärzte“ warnen ausdrücklich vor Viagogo

Die Kultband „Die Ärzte“ plante von Anfang an, dem Ticket-Handel zu Wucherpreisen einen Riegel vorzuschieben. Darum wurden die Tickets für die nächste Tour ausschließlich auf der Band-eigenen Webseite angeboten und personalisiert: Beim Ticket-Kauf wird der Name der Käufer auf den Tickets eingetragen und sie müssen sich beim Eintritt ausweisen. Steht ein anderer Name auf dem Ticket, wird der Fan nicht eingelassen.

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Das bedeutet auch, dass weiterverkaufte Tickets ungültig sind. Egal welches Ärzte-Ticket ihr bei Viagogo oder eBay kauft – ihr kommt damit nichts ins Konzert!

Aus diesem Grund warnt die Band ihre Fans auf der eigenen Webseite auch:

„Bestellt eure Karten NICHT bei Zweitmarktanbietern wie Ticketrocket, Viagogo, Ticketbande und Konsorten. Diese Anbieter haben von uns keine Karten bekommen, es kann sich nur um Fälschungen oder ungültige Karten handeln. Diese Karten berechtigen NICHT zum Einlass vor Ort und euer Geld seht ihr wahrscheinlich auch nicht wieder!“

Bildquelle: Screenshot bei Viagogo / GIGA

Das hält Viagogo aber nicht davon ab, trotzdem Konzertkarten der Ärzte anzubieten.

Ähnliches ist auch schon in Berlin passiert – und zwar „Hunderten“, wie nachher berichtet wurde. Die Tagesschau spricht sogar von 10.000 ungültigen Ed Sheeran-Tickets. Dort wird auch erklärt, was in so einem Fall passiert. Die Käufer der Schwarzmarkt-Tickets konnten diese zum „eigentlichen Original-Preis“ zurückgeben und dann vor Ort ein gültiges Ticket kaufen.

Das Problem dabei: Ohne die alten Tickets hat man wenig Chancen, gegenüber Viagogo nachzuweisen, dass man nicht eingelassen wurde. Allerdings scheint das Viagogo sowieso nicht zu stören, denn obwohl das bekannt ist, werden dort weiter Ed-Sheeran-Tickets angeboten.

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Viagogo verkauft weiter ungültige Ed-Sheeran-Tickets

Die meisten Viagogo-Erfahrungen drücken eines aus: Kunden gehen fast nur dann zu diesem Anbieter, wenn die gewünschten Karten auf anderem Wege nicht mehr zu bekommen sind. Kaum jemand würde zuerst dort gucken, den bei einem sind sich alle einig: Günstig ist Viagogo nicht! Allerdings taucht die Firma immer wieder negativ in der Presse auf. Erst kürzlich zeigte ganz Deutschland mit dem Finger auf Viagogo, weil dort Tickets für einen Auftritt von Carolin Kebekus in der Hamburger Elbphilharmonie angeboten wurden. Alle brüllten „Viagogo verkauft gefälschte Tickets!“ – doch was steckt eigentlich dahinter? Um das zu verstehen, sollte man sich mal ansehen, wie Viagogo sich selbst sieht.

 

Was steckt eigentlich hinter Viagogo?

Vielleicht sollte man erst einmal klären, mit wem oder was die Kunden diese „negativen Viagogo-Erfahrungen“ gemacht haben. Um das zu verstehen, kann man ein Beispiel heranziehen, das jeder kennt: eBay bzw. eBay Kleinanzeigen. Dabei handelt es sich um Verkaufsplattformen, oft auch „Online-Auktionshaus“ genannt, auf der Privatleute und Firmen Dinge anbieten und verkaufen können. Und genau das ist Viagogo angeblich auch!

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Nicht Viagogo ist der Abzocker… oder?

Liest man bei Viagogo die „Über-uns-Seite“ oder die AGB, dann wird eines schnell klar: Niemand kauft Karten bei Viagogo – die Firma selbst bietet gar keine Karten an. Viagogo versteht sich selbst ebenfalls als Verkaufsplattform, auf der Anbieter Karten verkaufen können, die sie nicht brauchen. Beschreibungen, Preise und die Abwicklung des Geschäftes liegen in der Verantwortung des jeweiligen Anbieters. Ähnlich wie eBay, verdient Viagogo hier an den Verkaufsprovisionen.

Und Probleme mit den Tickets müsst ihr euch auch wie bei eBay vorstellen:

eBay-User Bilbo09876 bietet einen Artikel an. Nur im Kleingedruckten ist zu lesen, dass es sich nicht um ein echtes iPhone 7 für 100 Euro handelt, sondern um einen Dummy. Der Käufer bekommt das Teil und regt sich auf, woraufhin Bilbo09876 ihm sagt, er müsse eben die ganze Artikelbeschreibung lesen.

Was passiert nun? Erscheinen da Artikel wie „eBay verkauft gefälschte iPhones“? Eher nicht. Jeder weiß, dass eBay nicht für das Angebot verantwortlich ist und auch nicht jedes Angebot prüfen kann. eBay bietet nur die Transaktionsplattform und verdient am abgeschlossenen Geschäft – ähnlich soll es auch mit Viagogo sein.

Das Problem dabei ist: Viagogo übernimmt eine wesentlich größere Rolle bei dem Handel, als eBay das tut. Die Bestellung läuft über Viagogo und dort müsst ihr auch bezahlen. Die persönlichen Daten des eigentlichen Verkäufers erfahrt ihr nicht, womit dem Betrug natürlich Tür und Tor geöffnet werden. Hinzu kommt, dass die Viagogo-Hotline nicht vernünftig zu erreichen ist und die Firma ihren angeblichen Sitz mal in England hat (demnächst also nicht einmal in der EU!) und dann plötzlich in der Schweiz firmiert. All das gibt niemandem das Gefühl, dass Viagogo seriös ist. Wegen der unklaren Unterscheidungen zwischen Verkaufsportal und Ticketbörse haben Verbraucherschützer Viagogo abgemahnt.

Trotzdem stehen auf der Webseite immer noch Slogans wie „Wir liefern in jedes Land weltweit, auch in Ihres“, die den Eindruck erwecken, als würden Verkauf und Lieferung durch Viagogo erfolgen.

Was tun, wenn man mit Viagogo unzufrieden ist?

Wer nach den Suchworten Viagogo und Abzocke sucht, wird Tausende von Berichten finden. Es wäre sicher nicht zu schwer, wenn Viagogo die Preise deckeln und dem Betrug einen Riegel vorschieben würde. Immer wieder berichten Käufer davon, dass die Karten ein Vielfaches ihres eigentlichen Preises gekostet hätten. Oft genug wurden dabei angeblich noch Falschangaben gemacht. Bei Viagogo laufen die Käufer da vor eine Wand. Als vorgebliches Verkaufsportal weist das Unternehmen in der Regel die Verantwortung von sich – falls man überhaupt jemanden erreicht. Mails werden nicht beantwortet, Anrufe – wenn man gerade mal wieder eine Nummer findet – sollen auf einem Anrufbeantworter versanden.

Auch die rechtlichen Möglichkeiten sind hier bescheiden. Die Domain gehört einer AG in Genf, der deutsche Vertreter taucht ansonsten nirgends auf. Ein Rechtsstreit wird hier schwierig und vielleicht wechselt die Firma zwischendurch wieder mal die Firmenadresse. Im März war es noch die Rue de Lyon 109 in Genf, zwischendurch wurde als Straße Boulevard Georges Favon 43 genannt, augenblicklich steht im Impressum Rue du Commerce 4.

Unser Rat zu Viagogo

Sicher haben viele Käufer bei Viagogo „ihre Karten“ gefunden – und dafür vermutlich reichlich gezahlt. Aber die Zahl der Beschwerden zeigt auch, dass man sich besser eine andere Quelle für Tickets suchen sollte, wenn man sicher gehen und sich nicht ärgern will. Abertausende von Warnungen auf der Facebookseite von Viagogo sprachen eine deutliche Sprache – wohl deshalb gibt es dort mittlerweile keine Beiträge mehr. Bei Twitter sieht es ähnlich aus. Da gibt es seit 2016 keine Posts mehr.

Viagogo hätte es in der Hand, die Seite seriös aufzuziehen, mehr Transparenz zu schaffen und einen Support, der seinen Namen verdient. Tatsächlich wirkt es aber so, als wäre die Hauptintention – neben dem Geld – die möglichst effektive Verschleierung aller Geschäftsvorgänge. Während es dem Verkäufer relativ leicht gemacht wird, seine potentiellen Kunden abzuzocken, ist man auf der Käuferseite eindeutig im Nachteil. Man erfährt den Namen des Händlers nicht, kann Käufe nicht stornieren und die abgemahnte – immer noch gegebene – Viagogo-Garantie ist rechtlich wertlos, da sie nur verspricht, was ohnehin verpflichtend ist.

Unterm Strich erscheint vor diesem Hintergrund Viagogo ungefähr so empfehlenswert, wie ein Ticketschwarzhändler vor einer Konzerthalle, den man nach dem Kauf niemals wiederfindet – auch wenn sich die Karten als gefälscht herausstellen. Man kann Glück haben...

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