Aber die eigentliche Gefahr für sein Geschäft sieht Kreso gar nicht in der Konkurrenz, und auch gar nicht einmal im Internethandel, von dem er anfangs ebenso profitieren konnte, bevor sich das Geschäft zu sehr streute, sondern in der aktuellen Entwicklung innerhalb der Videospielindustrie an sich: die zunehmende Digitalisierung und die Pläne der Hersteller zum Streaming.

Ja, sagt Kreso, es kommen noch immer viele in seinen Laden, die echte Sammler sind und für die es nichts Schöneres gibt, als gut erhaltene Retrospiele und Collector‘s Editionen. „Aber die sind fast so alt wie ich. Die jungen Leute, die Teenager, die lachen über solche Collector‘s Editionen. Die wachsen ja auch mit Smartphones auf, die sind es gewohnt, Spiele digital zu besitzen, die wollen gar nichts mehr ins Regal stellen.“ So fließt dann aber auch nichts in sein Geschäft zurück.

Bei den Valters wächst bereits die nächste Zockergeneration heran.

Die jungen Leute hätten ja gar keine gebrauchten Spiele, die sie ihm zum Ankauf oder zum Tausch anbieten könnten. Und tatsächlich, von den zehn Kunden, die innerhalb einer Stunde reinkommen, holen sich sieben lediglich schnell eine PSN-Guthabenkarte. Auf meine Frage hin, wozu, sagen alle: „Für Fortnite.

Für Kreso ist das trotz des hohen Umsatzes kaum rentabel. „Wenn ich im Monat Karten im Wert von 10.000 Euro verkaufe, erhalte ich vielleicht 100 Euro Provision davon.“ Bei Games as a service sieht er endgültig rot: „Wenn ein Entwickler die Community laufend mit DLCs und Erweiterungen versorgt, ist das ja gut für den Spieler und den Publisher, aber für mich sind die Kunden dann verloren. Früher haben sie ein Spiel durchgespielt und es dann mir verkauft und sich ein neues Spiel geholt. Heute sehe ich sie gar nicht mehr – die spielen über Jahre ein und dasselbe Spiel.

Expansionspläne? Nein!

Seine Expansionspläne hat der geschäftige Händler daher schon seit geraumer Zeit aufgegeben. Heute hat er nur noch einen Videospieleladen, den er gemeinsam mit seiner Frau Margarete und den beiden Töchtern Jaqueline und Vivien betreibt. Vor knapp zehn Jahren hatte er zeitweise bis zu vier in der Region. In erster Linie sind die anderen Standorte in Tuttlingen, Konstanz und Villingen aber daran gescheitert, dass sein Vertrauen in seine Mitarbeiter ausgenutzt wurde. „Ich habe halt immer Leute eingestellt, die ich gut kannte. Freunde und zum Teil sogar Stammkunden.

Haut dich das heute auch noch um?

Gerade im An- und Verkaufsgeschäft könne er nicht immer nachvollziehen, welches Geld welcher Kunde für wie viele Spiele erhalte. „Nehmen wir an, ein Kunde kommt in eine meiner Filialen mit vielleicht drei, vier Spielen: Mein Mitarbeiter gibt ihm einen gewissen Betrag und verkauft dann zwei der vier Titel unter der Hand im Laden weiter – wie will ich das überprüfen? Woher soll ich wissen, wie viele Spiele er ursprünglich erhalten hat?“ Mit Hehlerware habe er aber in den 25 Jahren kaum zu tun gehabt. Einmal sei die Polizei gekommen und habe einen Nintendo DS mitsamt Spielen beschlagnahmt, den jemand ausgerechnet bei einem Kindergeburtstag geklaut ihm weiterverkauft hatte.

Aber der wahre Albtraum eines jeden Ladenbesitzers ereilte ihn gleich zweimal in Form eines Einbruchs: Vor rund drei Jahren wurde in einer Nacht ein Pflasterstein in die Schaufensterscheibe geschmissen. Der Schaden betrug aber gerade mal 2.000 Euro. „Die Einbrecher waren schon etwas seltsam drauf. Hier stand ja alles frei herum – auch all die neuen Konsolen. Dann gehen sie also rein, brechen eine Vitrine auf und lassen drei gebrauchte PS3 mitgehen, statt die neuen PS4“, schmunzelt er. Schlimmer war es dagegen circa 2003: „Da haben die zuhause meinen Sprinter komplett ausgeräumt. Ich hatte ja früher immer einen Messestand in meinem Sprinter, um auf Flohmärkte zu gehen oder in einem Kaufhaus auszustellen. Da wurde mir alles aus dem Transporter geklaut mit einem Schaden von 12.000 Euro.

Japanfan Daniel Fräßle aus Bad Dürrheim gehört zu den Stammkunden des Game Centers und weiß den persönlichen Kontakt zu Inhaber Kreso zu schätzen. Final Fantasy 8 hat die Leidenschaft des Youtubers (ChristinAngel3000) entfacht.

Ob er nicht mal darüber nachgedacht habe, seinen Laden zu schließen und nur noch online zu verkaufen? „Das wäre doch langweilig“, schießt es sofort aus ihm heraus, „da würde mir doch der persönliche Kontakt zu meinen Kunden fehlen.“ Denn in den 25 Jahren haben sich auch unzählige enge Kontakte und noch viel mehr Freundschaften ergeben. Sein Laden sei nicht nur ein Fachhandel für Videospiele, sondern auch die Anlaufstelle Nummer eins für Gleichgesinnte, die sich nicht nur über Videospiele austauschen wollen. Viele schütten ihm auch ihr Herz aus, berichten von ihren Sorgen und Nöten, lachen mit ihm und – so erscheint es ihm – manche brauchen einfach jemanden, der ihnen zuhört.

Hast du sie alle?

Dann kommen sie In die Muslen zu Kreso. Man merkt, dass es für ihn nicht bloß irgendein Job ist, den er ausübt, um das Geld für sein täglich Brot zu verdienen. Und obwohl Kreso bereits ahnt, dass den Videospielefachhandel in naher Zukunft dasselbe Schicksal wie die Videotheken ereilen könnte, schließt er noch immer jeden Morgen pünktlich um 9.30 Uhr den Laden auf und nimmt einen weiteren Tag wie Don Quijote den Kampf gegen Windmühlen auf: „Solange es sich noch irgendwie lohnt, würde es mir das Herz brechen, zu schließen.