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Videospiel-Grind: Wie über 600 Stunden Mass Effect mein Leben bereichert haben [Kolumne]


Grinden wird häufig sehr negativ aufgefasst, doch es hat auch seine positiven Seiten. Welche das sein können, habe ich durch Mass Effect gelernt – und es war eine tolle Erfahrung, vielleicht eine der besten Videospiel-Erfahrungen meines Lebens.

 
Mass Effect
Facts 
Mass Effect

Vielleicht ist Mass Effect nicht das klassische Grind-Spiel, aber ich habe es zu einem gemacht. Wie das geht? So wie bei jedem Spiel. Gibt es keine neue Aufgabe oder Herausforderung, schaffe dir selbst eine. Die Geschichte ist spannend genug und bietet mit den (einfach gesagt) guten und bösen Entscheidungen einen Anreiz, es im zweiten Durchlauf noch einmal ganz anders zu spielen. Ganz so schwarz und weiß ist es ja eigentlich nicht.

Ach ja, wenn ich von Mass Effect spreche meine ich die alte Trilogie und nicht diese verbuggte Totgeburt namens Andromeda, die erst nach vielen Updates zu einem einigermaßen ansehnlichen Spiel wurde. Das war zu hart, entschuldige. Mir blutet einfach das Herz, wenn ich an die Enttäuschung von damals denke. Zur Strafe habe ich Andromeda auch nur dreimal durchgespielt und den blöden Helm aus der Vorbesteller-Edition nicht getragen. Ja, da guckst du BioWare.

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Ich verbrachte unzählige Stunden auf der Citadel und habe vermutlich mit jedem NPC dort gesprochen.

Aber ich schweife ab, denn hier geht es um Mass Effect 1 bis 3 und darum, wie ich in über 600 Stunden noch Freude an diesen Spielen finden konnte. Ich schuf mir eine eigene Herausforderung und machte mir mein eigenes Regelwerk. Unter diesen neuen Bedingungen spielte ich dann die komplette Trilogie durch. Diese Regeln sahen wie folgt aus:

  • Höchster Schwierigkeitsgrad
  • Kein Spieler-Tod
  • Keine Charakter-Tode (Mit Ausnahme der Situationen, die das Spiel vorschreibt)
  • Alle Nebenmissionen
  • Alle Crew-Missionen
  • Das „beste“ Ende
  • Liara Romanze
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Das mit der Liara Romanze ist zugegebenermaßen nicht wirklich eine Regel, mehr eine persönliche ... äh ... Entscheidung.
Bevor ich dir erzähle, was mich dazu brachte, volle 25 Tage mit dieser Herausforderung zu verbringen, klären wir noch kurz, was unter Videospiel-Grind zu verstehen ist. Klar, stundenlang ein Spiel zu spielen wäre als Antwort zwar richtig – aber zu kurz gefasst.

Verurteilt mich ruhig, ich stehe dazu.

Videospiel-Grind hat grundsätzlich eine negative Konnotation: stundenlang monotone Aufgaben zu erledigen, um irgendwie im Spiel weiterzukommen, das nächste Level zu erreichen, Dinge zu sammeln oder einen bestimmten Gegenstand endlich von einem Gegner zu erhalten. Wenn Spieldesign darauf aus ist, uns nur so lange wie möglich im Spiel zu halten, erzeugt das schnell Frust. Spielen soll schließlich Spaß machen und sich nicht wie Arbeit anfühlen. Doch ist der schlechte Ruf gerechtfertigt? Es muss einen Grund geben, warum Spieler tausende Stunden freiwillig in ein einziges Spiel stecken.

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Videospiel-Grind gibt es bereits seit der Ära der Arcade-Hallen. Spieler verbrachten Stunden an nur einem Automaten, um ihren Namen ganz oben auf der Highscore-Liste zu sehen. Ebenfalls von 'damals‘ stammt das wiederholte Spielen und Perfektionieren an der Heimkonsole. Spiele waren teuer und nichts, das sich vor allem Jugendliche jede Woche kaufen konnten. Also verbrachten sie häufig Wochen, wenn nicht sogar Monate, mit ein und demselben Spiel. Heute halten Streamer das Grinden prominent. Es sind die Multiplayer-Profis, Speedrunner und MMO-Grinder, die auf Twitch häufig zu sehen sind. Und ASMR – und Bob Ross.

Wie gut kennst du Mass Effect?

Aber nun zum eigentlichen Thema: Was ist Videospiel-Grind? Warum machen Spieler das? Und warum hat mein Mass Effect-Grind mein Leben bereichert?

Warum wir Grinden

Grinden ist, wie du merkst, gar nicht so einfach klar zu definieren. Manchmal geht es darum, eine Tätigkeit hunderte Male zu wiederholen, wenn in einem Spiel zum Beispiel Ressourcen gefarmt werden müssen. Manchmal geht es darum, ein und denselben Boss so lange zu plätten, bis ein bestimmter Gegenstand erbeutet wird – und manchmal geht es darum, ein Spiel lange zu spielen, um einfach extrem gut darin zu sein. Wie etwa in Multiplayer-Spielen. Doch eigentlich hat Grinden gar keine zeitliche Komponente. Ich kann sowohl eine als auch zehn Stunden grinden. Meistens handelt es sich um eine repetitive Tätigkeit, um irgendetwas in einem Spiel zu erreichen. Die spielerische Motivation ist also in der Regel klar, doch wie steht es um die persönliche Motivation?

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Künstlerische Verwirklichung

In Simulationen und Sandbox-Spielen geht es darum, etwas zu erschaffen, die vorhandenen Teile zu etwas völlig Neuem und etwas Eigenem zusammenzusetzen. Seien es nun riesige Städte in Simulationen, die Logik und Städtedesign zusammenbringen – oder große Bauten in Survival-Spielen, die ein Bau-Feature enthalten. Der Spieler verbringt Stunden damit, etwas zu kreieren, das vorher noch nicht da war.

Eskapismus

Manch ein Spieler möchte einfach nur für ein paar Stunden in eine andere Welt abtauchen und die Probleme in der reale Welt für kurze Zeit hinter sich lassen. Dieses Verhalten hat häufig eine schlechte Konnotation und wird gerne als Realitätsflucht bezeichnet – auch, wenn es sich nicht groß vom Schauen eines Filmes oder Lesen eines Buches unterscheidet. Problematisch wird es natürlich beim Thema Sucht. Wer nicht mehr aufhören kann zu Grinden, hat ein ernstzunehmendes Problem und braucht professionelle Hilfe. Die Gefahr ist durchaus vorhanden, sich in einem Spiel zu verlieren und nicht mehr zu sich selbst zurückzufinden. Aber an sich ist es nicht problematisch, der Einladung des Spiels seiner Wahl in seine wunderschöne Welt zu folgen. Manchmal erreicht ein Spieler durch diese Entspannung auch eine Art „Flow-Zustand“, bei dem der Kopf völlig leer und der Geist frei wird, ähnlich wie bei einer Meditation.

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Der Beste sein

Es mag sehr egozentrisch wirken, das Streben nach der Bestenliste als persönliche Motivation zum Grinden zu haben. Doch ist das verwerflich? Keinem Sportler würde die Gesellschaft vorwerfen, der Beste sein zu wollen – Profi-Sportlern schon gar nicht. Aber auch Spieler, die keine eSport-Profis sind, haben das Recht danach zu streben, besonders gut in etwas zu sein – und das bringt automatisch viel Übung (also Grind) mit sich.

Diese Kategorisierung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die persönlichen Gründe, warum Spieler grinden, sind so unterschiedlich wie die Spieler selbst.

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