Ballern in The Last of Us: Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung

Kaum etwas hat mir in den letzten Jahren den Spielspaß so oft versaut, wie die zunehmend auftretende Diskrepanz zwischen Story und Gameplay. Während ich bei „Uncharted 3“ aufgrund der wenig ernsten Grundstimmung da noch etwas unzufrieden drüber hinwegsehen kann, hat mir dieses Problem teilweise den Spaß am neuen „Tomb Raider“ versaut. Ängstliche Jugendliche auf der einen Seite, hundertfache Massenmörderin auf der anderen. Doch ausgerechnet „The Last of Us“ macht einen Schritt in die richtige Richtung.
Ein bis heute nicht gelöstes Problem: Während sich die Präsentation und Qualität der Geschichten immer weiter verbessert, haben sich die Spielmechaniken, mit denen diese Geschichten erzählt werden, kaum verändert. Renne von A nach B, töte zwischendurch 200 Gegner, Zwischensequenz, Wiederholung. Bei „Uncharted“ scheint dem Entwickler Naughty Dog nicht mehr eingefallen zu sein, als Hauptcharakter Nathan die Geschehnisse mit „Are you kidding me?!“ zu kommentieren. „Hey, Spieler! Ja, wir wissen, dass das gerade ganz schön viele Gegner für einen einzelnen Mann sind. Guck mal, wir kommentieren das sogar lustig! Und jetzt töte sie bitte alle.“
Immerhin scheint man sich darüber bewusst gewesen zu sein, dass dieses Problem existiert. Nathan kann in den Zwischensequenzen noch so gute Dialoge spendiert bekommen, noch so gut charakterisiert werden...wenn er in der nächsten Sekunde dutzende Gegner mit seiner AK wegballert, ist das alles null und nichtig.
Noch viel schlimmer kam es jedoch bei „Tomb Raider“. Monatelang höre ich in Interviews, wie wichtig die Glaubwürdigkeit des Charakters sei. Wenn sich Lara verletzt, dann soll der Spieler das spüren. Wenn sie einen Menschen tötet, soll das echte Konsequenzen haben. Und was kam dabei raus? Ein „Uncharted“-Klon, desse einziges Ziel es gewesen zu sein schien, das Vorbild in Punkto Spektakel unbedingt noch übertreffen zu müssen.
Das Ergebnis: Die Charaktere werden zu Witzfiguren, die Story eine einzige Lachnummer. Dadurch, dass Crystal Dynamics nichts anderes eingefallen ist, als dem Spieler hunderte Gegner entgegen zu werfen, zogen sie ihr eigenes Spiel in die Lächerlichkeit.
Tatsächlich war genau diese Befürchtung auch der Grund, warum bei mir keine große Vorfreude auf „The Last of Us“ entstand. Ich erwartete schlicht eine ernstere Version von „Uncharted“ - die jedoch, wie „Tomb Raider“ bereits gezeigt hat, gar nicht funktionieren könnte. Umso überraschter war ich, als ich das Spiel dann in die Finger bekam.
Man tötet im Laufe des Spiels noch immer sehr, sehr viele Menschen und leider Gottes gibt es auch ein, zwei Passagen, in denen man in einer geskripteten Sequenz die Feinde wie Moorhühner auseinander nimmt. Doch trotzdem hat es Naughty Dog geschafft, durch Detail-Verbesserungen zu verhindern, dass ich mich den Gegner überlegen fühle und mich mit Joel und Elli problemlos durch die Gegner-Horden schnetzeln kann.
Man kann gar nicht genug wertschätzen, dass Joel tatsächlich eine Reaktion zeigt, wenn er von einer Kugel getroffen wird. Lugt ihr aus eurer Deckung heraus und werdet daraufhin angeschossen, wird Joel nach hinten geworfen, muss sich zunächst wieder aufrappeln und ist deswegen eine kurze Zeit lang ungeschützt. Anschließend reicht es nicht einfach, auf die automatisch einsetzende Regeneration zu warten. Stattdessen müsst ihr eure Energie mit Healthpacks manuell zurückgewinnen - und das dauert erneut mehrere Sekunden.

Wenn ich auf mehrere Gegner gleichzeitig treffen, habe ich tatsächlich das Gefühl, vorsichtig sein zu müssen. Ich erledige sie nicht leise, um möglichst cool zu sein - sondern weil es oft keine Alternative gibt. Sowohl Joels überraschende Anfälligkeit auf gegen ihn abgefeuerte Waffen, als auch die rare Munition bewirken, dass ich mich den Räubern, Clickern und anderem Gesocks tatsächlich nur sehr selten überlegen fühlte.
Leider hat man es nicht geschafft, das auf das Nahkampf-System zu übertragen. Wildes Hämmern auf die Viereck-Taste reicht, um die meisten aller Gegner auszuschalten. Nur bei den Clickern heißt es, Vorsicht zu bewahren.
Naughty Dog hat es geschafft, mir das Gefühl zu geben, ich sei verwundbar - obwohl ich im Endeffekt doch wieder eine absurde Zahl an Menschen töte. Das ist ein wichtiger, erster Schritt, dem jedoch hoffentlich noch viele folgen werden. Wenn es „The Last of Us 3“ mal hinbekommen wird, dass ich gegen jeden einzelnen Gegner ins Schwitzen gerade, dass mir jede feindliche Aktion gefährlich werden kann - erst dann wird das Spielgeschehen auch wirklich zu der Geschichte passen. Ich hoffe sehr, dass wir dort eines Tages ankommen werden.
Du willst mehr von mir lesen? Dann folge meinem Backblog hier auf GIGA, bei Facebook oder Twitter, um sofort über neue Beiträge informiert zu werden!
Du willst keine News rund um Technik, Games und Popkultur mehr verpassen? Keine aktuellen Tests und Guides? Dann folge uns auf Facebook oder Twitter.