Heute vor 30 Jahren erschien The Legend of Zelda. Es war der Beginn einer Reihe mit vielen Höhe- und sehr, sehr wenigen Tiefpunkten. Die waren dafür allerdings so richtig spektakulär schlecht, dass ich sie euch nicht vorenthalten möchte.
Wenige Spielereihen können auf eine ähnlich lange Tradition zurückblicken wie The Legend of Zelda. Noch weniger Spielereihen haben über eine ähnlich lange Zeit konstant so hohe Qualität abgeliefert.
Den 30. Geburtstag einer solchen Ausnahmereihe muss man irgendwie feiern, dachte ich mir – allerdings finde ich es langweilig, nochmal die hinreichend bejubelten Stärken der Reihe aufzuzählen oder zu überlegen, welcher Teil mein liebster ist (Wind Waker, falls es jemanden interessiert).
Stattdessen möchte ich euch lieber die schlechtesten Zelda-Spiele aller Zeiten zeigen.
Zelda ohne Nintendo?
Link: The Faces of Evil, Zelda: The Wand of Gamelon und Zelda’s Adventure heißen die drei Spiele, die ohne Frage das schlechteste sind, was jemals das Label Zelda tragen durfte, wenn sie nicht sogar zum schlechtesten gehören, was jemals das Label Videospiel tragen durfte. Gleichzeitig enthalten sie aber Design-Entscheidungen, die in gewisser Weise Meilensteine für die Zelda-Reihe darstellen. Features, auf die so mancher Zelda-Fan in der Hauptreihe noch heute wartet.
Alle drei Spiele erschienen in den 90ern für Philips‘ CD-i. Das CD-i war ein Player, der ein ebenfalls CD-i genanntes CD-Format für Multimedia-Inhalte abspielen konnte. Das Gerät war nicht im eigentlichen Sinne eine Spielkonsole, zumindest nicht ausschließlich: Neben Games sollten vor allem Bildungsinhalte wie interaktive Enzyklopädien auf dem Gerät ihren Markt finden.

Leider merkte man dem Gerät sehr deutlich an, dass Games nicht der einzige Fokus waren: Es reagierte eher behäbig auf Controller-Input, was das CD-i von vornherein ungeeignet machte für Spiele, die Präzision und schnelle Reflexe erforderten – zum Beispiel Spiele mit Platformer-Elementen, wie... die ersten beiden Zelda-Games für das CD-i.
Dass überhaupt ein Zelda-Spiel auf diesem Gerät landete, liegt daran, dass das CD-i zuerst als ein Add-On für das SNES geplant war. Nintendo war dafür eine Partnerschaft mit Philips eingegangen, nachdem sie sich vom ursprünglichen Partner getrennt hatten (dieser Partner: Sony, deren Split mit Nintendo in der Entwicklung der PlayStation resultierte). Der Misserfolg des Sega CD, einem ähnlichen Add-On für die Sega Genesis-Konsole, brachte Nintendo dann ganz von der Idee ab. Die Verhandlungen über die Konditionen der Trennung resultierten unter anderem darin, dass Nintendo ihrem ehemaligen Vertragspartner Philips für einen begrenzten Zeitraum das Recht einräumten, fünf Nintendo-Charaktere in Spielen (auch von 3rd-Party-Entwicklern) für das CD-i zu nutzen. Unter diesen Charakteren, neben Link und Zelda, übrigens auch Mario, welchen Philips für das Puzzle-Game Hotel Mario nutzte.
Zelda, wie von einem Kind nacherzählt
Wenn heute über die CD-i-Zeldas geredet wird, dann meist über die ersten beiden Spiele: Link: The Faces of Evil und Zelda: The Wand of Gamelon. Beide wurden vom Studio Animation Magic entwickelt, erschienen zeitgleich (1993) und sind spielerisch nahezu identisch. Sie orientieren sich am ungeliebten zweiten Zelda-Spiel, The Adventure of Link, sind also 2D-Sidescroller mit Platformer-Elementen.
Ich habe eine Theorie über diese Spiele: In meiner Vorstellung hat einer der Entwickler, nachdem Animation Magic mit der Entwicklung von zwei Zelda-Games beauftragt wurde (und dafür ein geringes Budget und eine knappe Deadline erhielten), seinen Sohn oder seine Tochter gefragt, was er oder sie eigentlich an diesem Zelda-Spiel findet, dass er/sie den ganzen Tag spielt. Und dann hat das Kind halt so erzählt, wie Kinder erzählen, sprudelnd und ungeordnet und ohne Sinn dafür, was wichtig ist und was nicht. Und der Entwickler hat halt versucht, so gut es geht mitzuschreiben - denn auf diesen Notizen sollte letztlich die Entwicklung des Spiels basieren.
Diese Geschichte ist erfunden, aber so fühlen sich die Spiele an: Als hätten die Entwickler sich nicht wirklich mit Zelda auseinandergesetzt, sondern sich von Leuten mit Halbwissen erzählen lassen, was die Reihe ausmacht. Man erkennt Motive aus den Zelda-Spielen: Gegner, die man, wenn man’s weiß, irgendwie mit bekannten Zelda-Monstern in Verbindung bringen kann. Link, Zelda und das Triforce als wichtige Handlungselemente. Allerdings sind diese Motive sind nicht zu 100% getroffen und werden in einem völlig verfremdeten Kontext eingesetzt.

Das dritte Spiel, Zelda’s Adventure, wurde von der Viridis Corporation entwickelt. Das Spiel ist näher an dem, was wir heute als klassisches Zelda-Gameplay kennen: Ein Action-Adventure aus der Vogelperspektive, mit einer Oberwelt und einer Reihe von Dungeons. Trotzdem fühlt es sich noch seelenloser an als die anderen beiden Spiele, die trotz allem noch einen gewissen Charme hatten. Zelda’s Adventure ist, selbst an den Maßstäben der damaligen Zeit (’94) gemessen, unfassbar hässlich, und leidet enorm unter den technischen Limitationen des CD-i.
Gemein ist allen Spielen, dass sie die „Möglichkeiten“ des CD-i ausnutzen sollten – in erster Linie die Funktion, Full-Motion-Videosequenzen abspielen zu können. Das äußerte sich in für die damalige Zeit aufwändigen Cutscenes – animiert bei Link: The Faces of Evil und Zelda: Wand of Gamelon, Live-Action (!) bei Zelda’s Adventure.
Und hier ist die erste interessante Design-Entscheidung, die in der eigentlichen Zelda-Reihe noch immer nicht angekommen ist: Die Charaktere in den Cutscenes sprechen. Klar, sie sind furchtbar synchronisiert bzw. gespielt, aber sie sprechen. Dass die Dialoge in „echten“ Zelda-Spielen nach wie vor nur als Texttafeln dargestellt werden, ist eine seltsame Tradition, an der Nintendo festhält, die aber nicht mehr unbedingt zeitgemäß ist. Kaum zu glauben, aber vielleicht könnte Nintendo tatsächlich etwas lernen von den schlechtesten Zelda-Spielen aller Zeiten – und das nicht nur in Bezug auf die Cutscenes, aber dazu kommen wir gleich.
Zelda wird zur Heldin ihrer eigenen Geschichte
Ich muss noch einmal betonen, wie schlecht das tatsächliche Gameplay der drei Spiele ist: Zelda’s Adventure hat eine extrem hakelige Steuerung, viel zu häufige und viel zu lange Ladezeiten und die auch noch oft, um Bildschirme zu laden, auf denen exakt nichts zu sehen ist, nichtmal ein paar Monster. Zelda: Wand of Gamelon und Link: The Faces of Evil wollen Platformer sein, aber es ist selten überhaupt klar, auf welchen Plattformen man stehen kann und durch welche man einfach durchfällt.
In allen drei Spielen funktionieren viel zu viele Rätsel nach dem Trial-and-Error-Prinzip – an einer Stelle in Zelda: Wand of Gamelon muss man einen schweren Stein aus dem Weg räumen, und zwar, indem man zehn Bomben auf ihn wirft. Welcher Spieler wirft bitte eine Bombe, sieht, dass sie keine Veränderung beim Stein erreicht hat, und denkt sich: „Das hat wohl nicht funktioniert. Ich sollte es NOCH NEUN MAL probieren.“?

Aber ein Gameplay-Element dieser Spiele würde ich mir auch in den „richtigen“ Zelda-Games wünschen: In zwei von ihnen, Zelda: The Wand of Gamelon und Zelda’s Adventure, steuert man tatsächlich Prinzessin Zelda. In der Hauptreihe ist dies – abgesehen von, mit zwei zugekniffenen Augen, ein paar Passagen in Spirit Tracks – bis heute nie passiert. Dabei bin ich mit meinem Wunsch, Zelda (und/oder andere weibliche Figuren) spielen zu dürfen, offensichtlich nicht allein: Kürzlich offenbarte Nintendo Linkle, eine weibliche Variante von Link, die in der 3DS-Version von Hyrule Warriors spielbar sein wird. Das zeigt, dass die Option in der Wii-U-Version, Zelda und einige andere weibliche Figuren spielen zu können, auf positive Resonanz bei Spielern gestoßen ist.
Ich glaube, dass die Entwickler diese Design-Entscheidungen trafen, gerade weil sie, wie oben beschrieben, vermutlich wenig Kenntnis von Nintendos Zelda-Games hatten. Sie hatten keine Ahnung, wie man ein gutes Zelda-Game macht, aber sie hatten auch keine Ehrfurcht vor den Spielen, nicht das Bedürfnis, die Reihe zu „schützen“, wie Nintendo-Entwickler es haben. Sie haben eine Reihe gesehen, die nach einer Figur namens „Zelda“ benannt ist, und haben sich gefragt: Warum darf Zelda in ihrer eigenen „Legende“ nicht einmal die Hauptrolle spielen?
Diese Frage stellen sich manche Zelda-Fans noch heute. Wenn ich also einen Wunsch an Nintendo für die nächsten 30 Jahren Zelda äußern dürfte, dann diesen: Habt ein bisschen weniger Ehrfurcht vor eurer eigenen Serie. Die CD-i-Games mögen schlecht gewesen sein, doch der Grund dafür war nicht, dass sie Link sprechen oder Zelda die Hauptrolle spielen ließen. Das sind eher die Gründe dafür, dass die Spiele trotz all ihrer Schwächen einen Platz in der Zelda-Geschichte verdient haben.
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