Beats Electronics – einst gefeierter „Indie-Star“ am Audio-Himmel, heute unter den Fittichen von Apple. Doch was hat der iPhone-Hersteller bloß daraus gemacht? Smartphone-Nutzer – gleich ob aus dem Apple- oder Android-Lager – sind ratlos, denn weder gibt’s großartige Innovationen noch lässt sich eine Marken-Weiterentwicklung feststellen. Eine Bestandsaufnahme im Rahmen der wöchentlichen Kolumne.
Wir erinnern uns, 2014 legte Apple 3,2 Milliarden US-Dollar auf den Tisch und übernahm auf einen Schlag Beats Electronics – bis zum heutigen Tag die größte Firmenübernahme in der Geschichte von Apple. Schon damals fragte man sich: Was wollen die bloß damit, Kopfhörer herstellen?
In den ersten Jahren galt Beats als chic, wurde sichtbar getragen von Musikern, Sportlern … kurzum den Idolen der Jugend. Das erweckte Aufmerksamkeit und Begehrlichkeiten, HTC kaufte sich mit 300 Millionen US-Dollar 2011 ein und verpasste den eigenen Smartphones das verheißungsvolle Beats-Label. Lange hielt die Liebe aber nicht, denn schon zwei Jahre später stieß man die Anteile ab und Firmengründer André Romelle Young alias Dr. Dre und Jimmy Iovine kauften sie zurück. Ein Jahr darauf dann tanzte Apple-Chef Tim Cook mit einem größeren Geldkoffer an und die Sektkorken bei Dre und Co. knallten endgültig in die Luft.
Aus dem aktuellen Portfolio von Beats – Bluetooth-Kopfhörer mit Apples W1-Chip:
Bestandsaufnahme: Was hat Apple aus Beats gemacht?
Doch was passierte seitdem mit der Marke Beats? Nicht viel, wenn wir mal ehrlich sind:
- Eher eine leidliche Produktpflege der bekannten Kopfhörer. Echte Innovationen sucht man vergebens und wenn, dann findet der Technologietransfer eher von Apple zu Beats statt, als umgekehrt. Zumindest entsteht dieser Eindruck beim Kunden, der das Produktportfolio vergleicht und eher die AirPods als echte Audioinnovation der letzten Jahre ansieht, als denn die langweiligen Bluetooth-Pendants mit Strippe von Beats.
- Auch hat sich die Produkt- und Audioqualität nicht wirklich gebessert. Beats‘ Drang zu einem heftigen Bass war ja schon immer diskussionswürdig, zuletzt aber weigerte sich gar der bekannte YouTuber „Linus Tech Tips“ überhaupt eine Bewertung abzugeben, für so schlecht hielt er die Beats Studio3 Wireless – peinlich.
- Überhaupt, das Markenpotenzial liegt doch brach. Neue Märkte hat Beats mit Sicherheit in den letzten fünf Jahren nicht erobern können, eher dominiert der Status Quo. Mit etwas Glück kaufen bisherige Kunden Beats, neue aus dem Apple-Lager greifen dann lieber direkt zu den AirPods oder orientieren sich bei Bose und Co. Gut informierte Hardcore-Android-Nutzer werden zudem Beats seit der Apple-Übernahme meiden, immerhin steckt ja der angebissene Apfel dahinter – wie „böse“.
So reagierte das Netz auf die damalige Firmenübernahme:
Apple vs. Beats: Hausgemachte Konkurrenz
Kurzum: Apple steckt in einer Zwickmühle, am Ende aber ein selbstgemachtes Problem. Es trägt die Namen „AirPods“ und „HomePod“. Da hat Apple schon einen Audiospezialisten eingekauft und die wirklich innovativen Audio-Produkte werden unter dem eigenen Label lanciert, für Beats bleiben nur Krümel übrig. Aber selbst die bekommt Apple nicht gebacken, wo bleibt er denn, der längst versprochene AirPlay-2-Lautsprecher von Beats? Drittanbieter waren da schon schneller und Apples Hausmarke schweigt dazu. Auf Dauer kann diese interne Konkurrenz-Situation nicht gut gehen. Apple muss sich mal entscheiden: Beats weiterentwickeln oder die Marke sterben lassen und sich voll und ganz auf sich und die eigene Marke konzentrieren. Dann könnte ja auch mal der spekulierte Over-Ear-Kopfhörer von Apple kommen.
Meine Gedanken zum Wochenende: Die Kolumne möchte Denkanstöße liefern, zur Diskussion aufrufen und den „News-Schwall“ der Woche zum Ende hin reflektieren. Eine kleine Auswahl der bisherigen Artikel der Kolumne:
- Längere Nutzungsdauer: Warum das iPhone ein Vorbild für Android-Smartphones sein sollte
- Samsungs Falt-Smartphone: Hey Apple, das könnt ihr doch besser!
- Recht auf Smartphone-Updates: Die Idee ist gut, doch ist die Wirtschaft auch willig?
Andernfalls drängt sich der Verdacht auf, Apple hätte Beats 2014 tatsächlich nur übernommen, um aus Beats Music Apple Music zu machen. Die Hardware von Beats wird dagegen nur wider Willen weitergeführt, um die bestehende Kundschaft nicht zu verärgern. Quasi als Pflichtprogramm, die Kür (AirPods und Co.) gilt allein aber Apple.
Also, Beats up or down?
Hinweis: Die in diesem Artikel geäußerten Meinungen stellen ausschließlich die Ansichten des Autors dar und sind nicht notwendigerweise Standpunkt der gesamten GIGA-Redaktion.
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