Abgenutzte Akkus schmälern die Leistung diverser iPhone-Modelle – seit einigen Tagen keine Verschwörungstheorie mehr, sondern eine unbequeme Wahrheit, die Apple kleinlaut zugeben musste. Der Ruf nach austauschbaren Akkus wird laut, doch sind diese eine Lösung?

 
iPhone 6
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Kurze Rückblende: Noch vor Jahresende durfte Apple auf einen faustdicken Skandal reagieren – kein schönes Jahresendgeschenk, aber durchaus erhellend für die werte Kundschaft. Die wunderte sich nämlich vermehrt über Leistungseinbußen bei älteren iPhones. Sollte Apple diese etwa künstlich verlangsamen, um so den Absatz neuer Hardware voranzutreiben? Der Druck auf Apple wurde immer größer, eine Reaktion war unausweichlich. Die kam dann am 28. Dezember 2017. In der Erklärung gab man zu, mittels Softwareupdate bereits seit iOS 10.2.1 die Leistung von iPhone 6, iPhone 6 Plus, iPhone 6s, iPhone 6s Plus und iPhone SE gegebenenfalls zu verringern. Allerdings nicht, um den Kunden zu schaden, sondern um das plötzliche und unerwartete Abschalten des iPhones zu verhindern. Ursächlich für dieses Vorgehen ist ein abgenutzter Akku mit verringerter Kapazität, der bei geforderter Spitzenleistung nicht mehr mithalten kann. In Folge würde sich das Gerät einfach abschalten, Um dies zu verhindern, wird einfach die Leistung kurzzeitig reduziert.

Tauscht man den Akku hingegen durch einen frischen Modell, würde die Softwarebremse nicht mehr greifen und die volle Leistung stehe wieder zur Verfügung. Seit iOS 11.2 ist nun übrigens auch das iPhone 7 und iPhone 7 Plus von dieser Prozedur betroffen.

Meine Gedanken zum Wochenende: Die Kolumne möchte Denkanstöße liefern, zur Diskussion aufrufen und den „News-Schwall“ der Woche zum Ende hin reflektieren. Bisherige Artikel der Kolumne:

  • Die Kindergartenspiele von Amazon, Google und Apple: Was hat der Kunde davon?
  • Hey Apple, Samsung und Konsorten: Gebt uns komplett kabellose Smartphones!
  • Hat Apple recht? Sind Computer nur was für alte Säcke?
  • Netflix und die Wettbewerber: Wer braucht all die neuen Streaming-Dienste?
  • Arbeitsfrei am Black Friday? Deutschland braucht einen Shoppingfeiertag!
  • Paradise Papers: Apple ist nicht mehr dein Freund!
  • iPhone X & Co. – Dank an die Konsum-Helden!
  • Siri, Alexa und Konsorten: Darum ist die künstliche Intelligenz für mich zu blöde

Apples Lösung? Betroffene Kunden können ab sofort für einen reduzierten Preis (29 Euro statt 89 Euro) den Akku ihrer Geräte bei Apple direkt oder aber auch durch autorisierte Händler wechseln lassen. Kleiner Schönheitsfehler: Apple offeriert diese Kulanzlösung nur bis Dezember 2018. Wer erst kürzlich beispielsweise ein iPhone 7 erwarb, bei dem zeigt sich die Leistungseinbuße durch den Akku vielleicht aber erst im nächsten Jahr – was dann?

Übrigens, zum iPhone 8, 8 Plus und iPhone X schweigt sich Apple noch aus. Ob auch hier der „Trick“ zur Anwendung kommt? Immerhin, überzeugen konnte uns das aktuellste iPhone, wir ihr im folgenden Test-Video sehen könnt:

Austauschbare Akkus: Ist der Ruf nach ihnen sinnvoll?

Davon abgesehen: Wären von Kundenseite wechselbare Akkus in dieser Situation für Apple und die Käufer nicht die bessere Lösung gewesen? Statt das Gerät zu reparieren, hätte dann die Zusendung eines neuen Akkus genügt. Austauschbare Akkus gibt es heutzutage jedoch nur noch selten. Apple selbst verzichtet beim iPhone konsequent seit der ersten Generation darauf – seitdem ein Vorbild für den Rest der Branche. Schon Kollege Johann Philipp thematisierte diese Woche den Ruf nach mehr Nachhaltigkeit durch wechselbare Akkus in seinem Artikel „Smartphones mit austauschbarem Akku: Apple liefert den besten Grund zum Umdenken“. Doch sind diese tatsächlich die Lösung für das neuerliche Problem?

Die Gründe gegen Wechsel-Akkus

Ich glaube nicht. Vorangestellt seien zunächst einige handfeste Gründe gegen austauschbare Akkus und für den aktuell gebräuchlichen Einsatz von fest verbauten Batterien:

  • Wasser und –staubdichte Smartphones erfordern ein integriertes Design. Austauschbare Akkus stehen dem entgegen. Moment: Hat da jemand etwa „Samsung Galaxy S5“ gesagt? Das Spitzenmodell der Koreaner aus dem Jahre 2014 war doch nach IP67 zertifiziert und besaß trotzdem einen Wechsel-Akku. Richtig, allerdings gilt die Zertifizierung nur dann, wenn die Dichtungen der Akku-Klappe noch wie am ersten Tag halten. Auch Besitzer von Unterwassergehäusen wissen: Nur die richtige Pflege der Dichtungen garantiert auf lange Sicht den gewünschten Wasser und –Staubschutz. Öffnet man das Gehäuse öfter, werden die Dichtungen auch mehr strapaziert. Besser man verzichtet also auf eine solche potentielle Schwachstelle.
  • Powerbank statt austauschbarer Akku! Oftmals gilt als Vorteil von Wechsel-Akkus die Möglichkeit, auf das Laden des Smartphones zu verzichten – einfach Akku unterwegs tauschen und gut. Mag sein, besser und vor allem flexibler ist aber der Einsatz einer Powerbank. Unterwegs ist das Gerät auch auf diese Weise schnell geladen und weitere Geräte finden noch Anschluss und Strom. Ein spezieller, nur für ein einziges Gerät geeigneter Wechsel-Akku leistet dies hingegen nicht.
  • Nicht wenige Anwender würden den vermeintlichen Vorteil eines austauschbaren Akkus zudem gar nicht mehr nutzen können, denn bevor der Stromspender an Leistung verliert, hat man schon wieder ein neues Smartphone zur Hand. Das alte Modell hingegen wurde bei eBay verkauft oder aber wandert in die Schublade. Zugegeben: Nicht die nachhaltigste Denkweise, dennoch für viele Nutzer Realität.
  • Gefahr durch Drittanbieter-Akkus: Wie schnell hat man einen „kompatiblen“ Akku günstiger gekauft, nur bringt der auch dieselbe Leistung wie das Original oder schadet der am Ende noch meinem Gerät? Fragen, die wir uns bei festverbauten Batterien nicht stellen müssen. Im Servicefalle geht das Gerät idealerweise direkt zum Hersteller – Folgegarantien inklusive.

Am Ende: Güte und Technologie der Akkus ist ursächlich

Doch der eigentliche Grund, warum austauschbare Akkus nicht die Lösung sind, ist im Akku selbst zu suchen. Denn ein schlechter Stromspender bleibt ein schlechter Stromspender, gleich, wie einfach man ihn tauschen kann. Es ist der Kapazitätsverlust an sich, der die Probleme verursacht. Daran muss gearbeitet werden. Wir benötigen bessere Akku-Technologien, denn gefühlt hat sich daran in den letzten 10 Jahren nicht wirklich etwas geändert. Noch immer müssen wir Smartphones täglich laden, noch immer reduziert sich die Leistung merklich spätestens nach zwei Jahren, noch immer bleibt der Akku so der Flaschenhals bei unseren mobilen Begleitern. Gibt’s denn tatsächlich keine Weiterentwicklung auf diesem Gebiet? Doch, die gibt es, allerdings „frisst“ die steigende Leistung der Smartphones den Fortschritt bei den Akkus sofort wieder auf. Somit bleibt es auf absehbare Zeit bei einem Nullsummenspiel.

Austauschbare Akkus helfen uns kein Stück weiter, sie kaschieren nur das eigentliche Problem. An dem sollten die Hersteller arbeiten. Die Rückkehr von schlecht sitzenden Akkuabdeckungen kann und wird nicht ernsthaft die Lösung sein.