Keine Kasse und keine Scanner – in einem neuen Supermarkt in Seattle läuft man mit seinen Einkäufen einfach zur Tür raus. Die Rechnung kommt dann über das Amazon-Konto. Wie machen die das?
Originalartikel vom 06.12.2016:
Egal wie sehr man sich beim Einkaufen beeilt, am Schluss kommt immer die Schlange vor der Kasse. Waren vom Einkaufswagen aufs Band legen, alles einpacken – und nicht zu vergessen: Zahlen, per Karte oder bar. Das dauert und manchmal nervt es auch.
„Just Walk Out“: Eine Warteschlange gibt es nicht
Amazon geht einen Schritt in die mögliche Zukunft des Einzelhandels, noch bevor dieser es selbst tut. Nicht Aldi, Lidl oder Rewe zeigen uns den ersten Supermarkt ohne Kasse, sondern der Versandhandelsriese aus Seattle. In seiner Heimatstadt eröffnet der Konzern nächstes Jahr einen mit rund 170 Quadratmetern recht kleinen Laden (vgl. Aldi-Nord Filiale im Durchschnitt: 840 Quadratmeter) – dieser hat es aber technisch in sich.
Beim Betreten meldet sich die Kunden kurz per Smartphone und der passenden Amazon-Go-App an. Danach beobachten verschiedene Sensoren die Besucher und zeichnen auf, was sich diese in die Tragetasche legen. Gespeichert wird alles in einem virtuellen Warenkorb. Auch das Zurücklegen ins Regal – falls man es sich anders überlegt hat – soll korrekt registriert werden. Am Schluss läuft der Kunde zur Türe raus und bekommt die Rechnung für den Einkauf per Mail. Damit das alles funktioniert, hat sich Amazon für seine „Just Walk Out“-Technologie bei autonomen Fahrzeugen bedient: Computer Vision, Sensor Fusion und Deep Learning sind die Stichworte. So wie ein selbstfahrendes Auto seine Umgebung beobachtet, soll der Supermarkt uns Kunden auf die Finger schauen.
Amazon Go – Wann kommt das zu uns?
Das ist zunächst einmal eine bemerkenswerte technische Weiterentwicklung. Keine RFID-Chips und keine Kassen zum Selbstscannen. Hier schaut die künstliche Intelligenz zu und weiß, was wir uns mit nach Hause nehmen. Noch befindet sich das Konzept in der Betaphase – vorerst dürfen nur Amazon Mitarbeiter im neuen Store einkaufen, der Öffentlichkeit soll der Laden dann nach dem Test ab Anfang 2017 zur Verfügung stehen.
Was Amazon da in der 2131 7th Ave in Seattle ausprobiert, kann man jetzt schon als Belastungsprobe für den Datenschutz einordnen. Noch ist nicht klar, ob und wann weitere Amazon Go Geschäfte in den USA eröffnen, von Europa ist gar nicht erst die Rede – wir werden wohl noch eine Weile warten müssen.
Trotzdem ist eine Expansion nach erfolgreicher Testphase anzunehmen. Der Lebensmitteleinzelhandel ist im Umbruch, sucht eifrig neue Vertriebswege und Technologien für die Zukunft. Sei es durch Amazon selbst mit Prime Now und Fresh oder auch hierzulande beispielsweise Lidl mit der Erweiterung der Onlineaktivitäten. All das bringt uns mehr Komfort, bedeutet aber auch die Preisgabe umfangreicher persönlicher Daten.