... ich kann auch nicht aufhören!
Seit der Ankündigung war mein Hype auf Elden Ring Nightreign ungebrochen. Als Fan von Roguelikes, Koop-Multiplayer und natürlich der gesamten Soulsborne-Reihe wirkte das Spiel wie mein absoluter Traum!
Und die Überschrift hat es euch schon verraten: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Battle Royale ohne Battle Royale?
Aber von Anfang an: Was ist Elden Ring Nightreign überhaupt?
In einem Dreierteam werdet ihr in Limveld, einer festen Map mit zufällig generierten Points of Interest abgesetzt. Dort heißt es in klassischer Elden-Ring-Manier aufleveln, looten und Bosse besiegen. Nach ungefähr fünf Minuten wird die Map ringförmig kleiner.
Diese Zone, die euch Schaden zufügt, kennt ihr wahrscheinlich aus Battle-Royale-Spielen wie PUBG. Im kleineren Bereich levelt ihr weiter, bis auch der sich schließt und zum Endboss des Tages, dem Nachtboss führt. Habt ihr ihn besiegt, beginnt der Kreislauf erneut. Zwei Tage müsst ihr so überleben, um euch dem jeweiligen Nachtfürsten zu stellen.

Anders als bei den meisten Roguelikes ist der Tod in Nightreign aber nicht sofort das Ende des Runs. Erstens könnt ihr euch gegenseitig wiederbeleben, indem ihr euch angreift. So könnt ihr euch sowohl aufhelfen als auch den Boss angreifen. Oder zwei gefallene Kameraden kriechen zusammen und werden so gleichzeitig wiederbelebt.
Wenn ihr nicht wiederbelebt werden könnt, respawnt ihr einfach in der Nähe und habt soulstypisch alle Runen und ein Level verloren, die ihr allesamt wieder einsammeln könnt. Einzige Ausnahme: Wenn ihr beim Nachtboss oder beim Nachtfürsten sterbt, ist der Run vorbei. Dort könnt ihr aber auch unbegrenzt lange am Boden liegen.

Wieviel Elden Ring steckt drin?
Am Kampfsystem hat sich kaum was geändert. Ausdauermangement, Ausweichrollen, Waffenskalierungen, ... Wo Elden Ring draufsteht, ist auch Elden Ring drin. Der einzige Unterschied ist, dass jeder der acht Nachtwandler einzigartige Skills besitzt, jeweils einen passiven, einen aktiven und einen ultimativen.
Und diese acht Charaktere unterscheiden sich auch im Spielstil. Mögt ihr Bögen? Dann schnappt euch das Eisenauge. Seid ihr agiler Dolch-Spieler? Dann ist die Gräfin eure Wahl. Wollt ihr zaubern? Dann gönnt euch die Einsiedlerin. Jeder Charakter levelt seine Werte anders und bekommt von Bossen auch eher Waffen, die seinem Spielstil entsprechen. Natürlich könnt ihr trotzdem mit der Gräfin eine Großaxt nutzen, keiner hält euch auf. Außer vielleicht euer Charakterlevel, das muss nämlich zur Waffe passen.

Paart das mit den passiven Boni, die jede Waffe im Inventar bringt und schon ist das Loot- und Levelsystem erklärt und wir können zum größten Unterschied kommen: Elden Ring: Nightreign ist purer Stress!
Da die Zeit euch ständig im Nacken sitzt, sind schnelle Entscheidungen Pflicht. Gehe ich den weiten Weg zur nächsten Kirche, um mehr Heilflaschen zu haben oder besiege ich lieber Bosse für mehr Level? Wage ich mich an diesen Bosskampf oder dauert er zu lang und lohnt sich nicht mehr? Traue ich mich in die Minen und riskiere, bei Nachteinbruch eingesperrt zu sein? Klettere ich diesen Berg hoch und verlasse mich auf das unverlässliche Platforming oder gehe ich lieber zur nächsten Geisterquelle, was mehr Zeit kostet? Und erreiche ich die überhaupt von hier?
Kommunikation: Mangelhaft
Gerade aus diesem Grund ist Kommunikation unglaublich wichtig und dadurch kommen wir zum ersten großen Kritikpunkt: Ihr könnt nur durch Pings kommunizieren. Und das ist beschränkt auf Pings auf der Map oder eurem eigenen Standort. Ihr wollt sagen, dass ihr da allein hingeht? Fehlanzeige. Ihr wollt eurem Team sagen, sie sollen euch liegenlassen und den Boss fokussieren? Fehlanzeige. Ihr habt ein cooles Item für einen Mitspieler gefunden? Ihr könnt es pingen, aber ob es der Richtige sieht, ist nicht sicher.
Beim Spielen mit Randoms ohne Voice-Chat müsst ihr also nicht nur überlegen, was ihr macht, sondern auch wie ihr das eurem Team klarmacht. Hinzu kommt, dass ihr mehrere Pings setzen könnt und dadurch auch schnell mal die Orientierung verliert. Ich will nicht wissen, wie oft ich aus Versehen in die falsche Richtung gelaufen bin …

Mit Voice-Chat entwickelt sich aber sofort eine geniale Dynamik. Ich habe kaum gemerkt, wie die Zeit vergeht und plötzlich habe ich 9 Stunden am Stück einen Run nach dem anderen durchgezogen. Da merkt man deutlich, dass Nightreign für einen spaßigen Abend mit Freunden designt wurde und Random Queue und Solo-Modus nur Bonus sind.
Ja, ihr habt richtig gehört! Es gibt auch einen Solo-Modus! Der ist aber eine krasse Herausforderung, denn schließlich ist das Spiel mit allen Gegnern und Bossen auf den Multiplayer ausgelegt. Die werden zwar etwas runterskaliert, aber mit der Zeit im Nacken solltet ihr trotzdem zweimal überlegen, ob ihr euch einer Herausforderung stellt. Und gerade Doppel- und Dreifach-Bosse können euch den letzten Nerv rauben.
Aber es ist nicht unmöglich. Das wurde bereits im Testzeitraum von mehreren Kollegen bewiesen. Gerade der Räuber und das Eisenauge schlagen sich auch Solo echt gut. Und auch Runs ohne Voice-Chat können erfolgreich sein. Es ist aber ein deutlicher Unterschied zu einer Runde mit Absprache zu einer ohne Absprache zu erkennen. Auch, weil ihr dann gemeinsam frustriert oder begeistert sein könnt.

Anstrengung und Belohnung
Stichwort Begeisterung: Die ist definitiv da! Egal ob ein Boss eine Waffe droppt, die genau in euren Build passt, ihr einen der vielen bekannten Bosse aus der gesamten Soulsborne-Geschichte zu Gesicht bekommt oder nach vielen Versuchen endlich einen Nachtfürst besiegt habt – Ihr habt viel Freude zu teilen. Und das ist die Magie von Nightreign! An keiner Stelle fühlte es sich so an, als ob einer das Team gecarriet hat. Es war immer ein Team-Erfolg. Und wenn ihr scheitert, dann kickt der Roguelike-Loop und das Interesse, was der nächste Run zu bieten hat.
Und ihr werdet scheitern, denn gerade die Nachtfürsten haben es in sich. Die Bosse an den ersten zwei Tagen sind alle recht bekannt und gerade mit Elden-Ring-Erfahrung werdet ihr wenig Probleme haben. Vor allem, weil ihr nun zu dritt seid. Aber die Nachtfürsten sind alle neu und werden euch zu Beginn zerlegen! Nicht nur, weil ihr ihre Angriffe und Mechaniken erst verstehen müsst, sondern auch weil sie teilweise sehr tanky sind. Und wild durch die Gegend springen, wodurch ihr die Hälfte der Zeit nur hinterherrennt. Ich habe die Zeit bei mehreren Kämpfen gestoppt und selbst wenn wir auf Maximallevel 15 waren, hat der Kampf locker 5 Minuten gebraucht.

Das kann auch schnell zu Frust führen, wenn ihr einen Nachtfürst fast tot habt, dann aber sterbt und die ganzen zwei Tage davor neu machen müsst. Damit landet Elden Ring: Nightreign auf jeden Fall an der Spitze der Worst Runbacks. Aber es erhöht eben auch die Spannung jedes Runs und die Begeisterung beim Sieg.
Wo Meta?
Die Begeisterung ist auch fast eure einzige Belohnung, denn die Meta-Progression von Nightreign ist nicht so stark ausgeprägt. Nach jedem Run bekommt ihr Relikte, mit denen ihr eure Charaktere leicht anpassen könnt. FP-Regeneration bei Angriffen, mehr Runen bekommen, Gift auf der Startwaffe – Die Möglichkeiten sind riesig und mit individuellen Relikten könnt ihr sogar die Fähigkeiten eurer Nachtwandler anpassen.
Allerdings fühlt es sich auch selten so an, als ob diese Relikte einen wirklichen Unterschied machen. Das kann aber auch ein Vorteil sein, weil so alle Spielercharaktere auf ungefähr dem gleichen Level sind. Egal ob Neueinsteiger oder 100-Stunden-Veteran.

Doch Relikte sind nicht die einzige Meta-Progression. Ihr könnt auch die Story jedes Charakters nacherleben, indem ihr sogenannte Echo-Missionen erfüllt. Die sind echt abwechslungreich und sorgen dafür, dass ihr manche Runs extra anders planen müsst. Und sie bringen eine krasse Neuerung für From Software: Questmarker! Unglaublich, aber wahr! Ihr seht sowohl in der Tafelrundfeste als auch in Limveld direkt, wo ihr hingehen müsst. Verrückt.
Als Belohnung für Echos winken euch einzigartige Relikte für den Charakter und die eine oder andere Cutscene. Die sind From-Software-typisch voller Mystik und Pathos, behalten also ihren Charme.

Die Map ist im Wandel
Und wo wir schon bei anders geplanten Runs sind: Erinnert ihr euch an dieses Lava-Gebiet aus dem Trailer? Diese Events heißen verschobene Erde und ändern Teile der Karte. Dort könnt ihr nicht nur neue Gegnertypen, sondern auch starken Loot und einzigartige Buffs bekommen. Das hat sich nicht immer gelohnt, aber war oft trotzdem von Vorteil. Gerade das Fäulnis-Gebiet wird sonst ein Problem, wenn die Zone euch dorthin führt.
Ihr seht: Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, damit sich jeder Run anders anfühlt. Aber erwartet nicht die riesige Abwechslung von Binding of Isaac oder Dead Cells. Da Orte, Händler und auch Bosse immer an festen Spots durchgewürfelt werden, dauert es nicht lange, bis ihr ein optimales Vorgehen für jeden Run entworfen habt. Und dann kommt es nur noch auf den Loot und eure Erfahrung an.

Ich prophezeihe auch jetzt schon, dass bald die ersten No-Death-All-Bosses-Runs aus dem Boden sprießen werden. Und in ein paar Monaten hat GinoMachino sicher auch einen No-Hit-Run im Gepäck. Man könnte sagen: Die Randomness ist stark genug, um die Spannung für den nächsten Run aufrecht zu erhalten, aber nicht so stark, dass sie alles bestimmt. Auch wenn es anfangs so aussieht.
Was soll der Hass?
Und das ist auch der Grund für den Hass. Elden Ring: Nightreign fühlt sich an vielen Stellen unfair an. Die Solo-Runs können super frustrierend sein, das Platforming ist unzuverlässig, die Gegner und die Zone lassen euch manchmal keinen Ausweg mehr, die fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten machen das Spielen mit Randoms zum Glücksspiel und die Kämpfe gegen die Nachtfürsten ziehen sich manchmal unnötig in die Länge.
Und doch… bin ich absolut begeistert! Denn wenn man erstmal den Dreh raus hat, das Squad eingespielt ist und ein Nachtfürst nach dem anderen fällt, ist sie wieder da: Die Soulsborne-Befriedigung, die die Spiele zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Dazu der Fakt, dass sich jeder Run trotz gleichbleibender Elemente frisch anfühlt und dass der Team-Aspekt die Freude verdreifacht, entsteht ein Sog, der euch erst loslässt, wenn sich das Team auflöst.
Random Maps, random Performance
Bleibt nur noch ein Kommentar zur Performance. Die … lässt sich kaum einschätzen. Während ich auf meinem Mittelklasse-PC und der normalen PS5 keine Probleme hatte, sah das für meinen Kollegen Marco auf der PS5 Pro anders aus.
Und auch meine Mitspieler beklagten sich teilweise über starke Lags, Verbindungsabbrüche und aufploppende Texturen. Da Bandai Namco aber schon im Testzeitraum unser Feedback gesammelt hat, könnte das mit einem Day-One-Patch bereits behoben sein.
Mein Spiel des Jahres
Wie eingangs erwähnt, konnte ich das Spiel kaum erwarten. Und obwohl es definitiv mein Spiel des Jahres ist, muss ich auch klar sagen, dass Nightreign nichts für jeden ist. Das hektische Gameplay und der massive Setback nach einem fehlgeschlagenen Run können den Frust schnell in die Höhe treiben. Und auch abseits davon gibt es momentan einiges zu kritisieren.
- Bekanntes Kampfsystem mit interessanten Neuerung
- Motivierender Gameplay-Loop
- Soulsfeeling als Team
- Zufall weder zu stark noch zu schwach
- Fehlende Kommunikationsmöglichkeiten
- Orientierung leidet unter der Hektik
- Solo-Modus sehr herausfordernd
- Unzuverlässige Performance
- Fehlende Meta-Progression
- Schnelles Gameplay nicht für jeden Souls-Fan
Geh nicht allein in die dunkle Nacht!
Ich liebe Soulsgames – Elden Ring habe ich allerdings nie gespielt. Ja, solche Gamer gibt es wirklich. Deshalb waren viele Spielmechaniken und die meisten Bosse für mich völlig neu. Ich hatte enorm viel Spaß, war aber selten auch so frustriert. Im Trio mit meinen Kollegen Lina und Josua entfaltet Elden Ring: Nightreign für mich seinen vollen Glanz. Gemeinsam Boss-Strategien entwickeln, die optimale Tagesroute planen und Beute teilen. Ohne gute Koordination habt ihr keine Chance. Der Schwierigkeitsgrad bleibt selbst als eingespieltes Dreierteam sehr fordernd. Mit zufälligen Mitspielern wird es oft schwieriger, weil die Kommunikation fehlt.Ganz anders ist das Erlebnis für Solo-Spieler: Hier stimmt das Balancing einfach nicht. Oft war für mich schon beim Boss des ersten Tages Schluss – schlicht, weil die Zeit nicht reichte, genug Runen und damit Level-Ups zu sammeln. Wer Elden Ring: Nightreign spielen will, sollte sich Mitstreiter für den Sprachchat suchen.
Ein wirklich gutes Spiel, das ich nicht spielen werde
Bis auf Sekiro habe ich alle Soulsborne-Spiele von From Software gespielt und bin ein großer Fan. Ich dachte, dass ich mit Nightreign lange Spaß haben werde. Doch die Zielgruppe, die mit dem Extraction-Soulslike angesprochen wird, weicht in meinen Augen von der üblichen ab. Der entscheidende Punkt ist die Zeit. Zeit, die Umgebung zu genießen, die einzelnen Gegner auf dem Weg zum Boss zu besiegen und genau zu planen, wie ich vorgehen will. Der heftige Zeitdruck und Souls-Like passen aber dennoch zusammen. Man muss es nur mögen. So wie Josua.