Es wird auf jeden Fall das Game of the Year!
Transkript des Videos
Clair Obscur wird Game of the Year. Mark my words! Das Spiel hat nicht nur einen sehr guten Metacritic-Score, auch die Spielerzahlen können sich sehen lassen. Aber gut, das können andere Games auch vorweisen. Clair Obscur: Expedition 33 hat aber das Potenzial, das nächste Baldur’s Gate 3 zu sein. Und ich erkläre euch, warum.
Aber vorher: Spoiler-Warnung! Ich gehe an manchen Stellen sehr ins Detail. Wenn ihr Clair Obscur also nicht gespielt habt, solltet ihr jetzt wegschalten und später wiederkommen, um mir zu sagen, dass ich Recht habe.
Alle weg? Okay, dann können wir mit dem offensichtlichen Punkt anfangen: Clair Obscur: Expedition 33 ist einfach stimmig.
Alles in dieser Welt ergibt Sinn, selbst die Spielmechaniken. Haken, Kletterausrüstung, angemalte Kanten, Tunnel – das ist nicht einfach nur da, sondern wird im Spiel erklärt. Expedition 69 zum Beispiel haben die ganzen Kletterhaken angebracht, wie Gustave recht am Anfang schon erzählt. Und das ist auch schon so ein Pluspunkt: Das Spiel macht früh deutlich, dass hier nichts drin ist, um einfach drin zu sein. Dazu kommen so kleine Details wie das “Wir machen weiter” nach jedem Kampf.
Und dann sind da die ganzen Farb-Begriffe. Chroma als Währung, Chroma-Katalysatoren für die Waffen, Heilfarben, Pictos, also Bilder, Lumina, um die Bilder besser zu beleuchten und natürlich die Malerin als Antagonistin. Ich weiß nicht, wie es euch ging, aber mir war dadurch schnell klar, dass wir hier irgendwie in einer gemalten Welt sein müssen. Vielleicht war das aber auch meine Dark-Souls-Erfahrung, da gibt es ja auch mehrere gemalte Welten. Genauso wie in Oblivion. Witzigerweise kam das Remaster zwei Tage vor Clair Obscur raus. Zufall?
Und dass Alicia die Expedition in einer Cutscene als „die, die nicht sind“ bezeichnet hat, war auch ein starker Indikator. Aber obwohl es für mich klar war, hat das Spiel trotzdem genug Mysterien gehabt, die mich vorangetrieben haben. Mysterien, die auch nach dem Sieg gegen die Malerin noch nicht vollkommen geklärt waren, was Lune passenderweise auch feststellt.
Das mag vielleicht irrelevant klingen, aber eine so stimmige Welt ist nicht zu unterschätzen. Stichwort Immersion. Es ist einfach leichter, sich in einer Welt zu versenken, die keine Fragen offen lässt. Und was Baldur’s Gate durch seine große spielerische Freiheit erreicht hat, das kam in Clair Obscur unter anderem durch die Mysterien und das konsistente Worldbuilding. Mich haben im New Game + so viele neue Details angesprungen! Ist euch direkt aufgefallen, dass wir bei der Landung sehen, wie Verso Maelle rettet? Oder wie er von Noco und Esquie erwähnt wird? Und dass Sophie am Anfang schon zur Debatte stellt, ob die Malerin vielleicht auch gefangen ist?
Oder dass Gustaves Waffen keine Skills haben und sein Skill-Tree mit Absicht so klein ist?
Und auch den Brief von Alicia an Maelle habe ich erst beim zweiten Lesen verstanden und registriert, dass die Zahl der Malerin kein Todesurteil, sondern eine Warnung sein sollte. Aber vielleicht war ich da auch einfach sehr langsam im Verstehen, weil das im Gegensatz zu anderen Twists nicht so klar angeteast wurde. Wie ging es euch damit?
Und ja, es gab auch Sachen, die wenig Sinn ergeben. Warum braucht Esquie zum Beispiel Steine? Warum kann Monoco sich in Nevronen verwandeln? Gut, die beiden lassen sich noch erklären, weil sie von Verso erschaffen wurden. Der ist nun mal kein Autor und kennt sich nicht mit konsistenten Worldbuilding aus. Aber euch fallen sicher noch andere Ungereimtheiten ein. Über die können wir gerne in den Kommentaren diskutieren.
Und ich will mich auch nicht zu sehr in Details verlieren. Es ist nur sehr auffällig, wie wichtig es Sandfall war, dass alles Sinn ergibt und zusammenpasst. Das zeigt sich auch im Levelsystem. Einerseits leveln die Charaktere mit, andererseits können sie trotzdem personalisiert werden. Nicht nur mit ihren Skills, sondern auch mit dem genialen Picto-System. Das hat mich stark an das oft gepriesene Talisman-System von Hollow Knight oder die Talismane aus Elden Ring erinnert und dafür gesorgt, dass aus ein paar Skills und speziellen Waffen ein unglaublich komplexes Build-System entstanden ist. Ein System, das nicht davon abhängig ist, dass jeder Charakter immer am Kampf teilnimmt (außer Monoco braucht neue Skills) und dadurch maximale Freiheit gewährt. Zugegeben, die Freiheit kann auch in die Hose gehen, wenn man plötzlich gezwungen ist, den schwachen Teil des Teams zu nutzen. Aber der Kampf gegen Simon ist ja auch nur optional. Und ich war echt begeistert, als er mich gezwungen hat, das Team zu wechseln. Auch, wenn er mit mir den Boden gewischt hat.
Apropos Simon: Bei ihm kam nicht nur zum Vorschein, wie viele unterschiedliche Build-Ansätze es geben kann (Ich habe zum Beispiel voll auf Speed gesetzt, damit er niemanden löschen kann), sondern auch wie absolut befriedigend das Dodge-System ist. Sich erst mit Ausweichen an die Angriffsmuster der Bosse zu gewöhnen, um dann mit der Zeit zum Parieren überzugehen und dann mit einem unglaublich starken Konter zu antworten, erzeugt bei jedem Gegner einen genialen Flow. Dann kommt noch dazu, dass beim Ausweichen schon ein Hinweis auf das Parry-Timing eingebaut ist und dass die Timings mit dem Schwierigkeitsgrad angepasst werden können. Wenn man sie überhaupt braucht, denn ich bin der festen Überzeugung, dass man zumindest auf Story-Schwierigkeit auch durchkommt, wenn man immer getroffen wird.
„Wurde sogar schon bewiesen“
Umso besser! Und wenn es euch zu leicht ist, dann spielt ihr es halt auf Level 1 oder ohne Pictos durch. Alles möglich! Aber das Thema Schwierigkeitsgrade könnte sowieso ein Video für sich werden. Könnt ja mal sagen, ob euch das interessiert.
Dazu dann noch abwechslungsreiche Gegner. Kein Kampf fühlt sich gleich an, selbst wenn die gleichen Gegnertypen auf euch warten. Und jeder Kampf lohnt sich! Materialien, Waffenupgrades, Pictos, … Diese Belohnungen haben mich dazu motiviert, wirklich jeden Kampf wenigstens einmal mitzunehmen. Das fühlte sich auch nie wie Grind an. Und dann noch die Gegner, deren Mechaniken echte Rätsel sein können. Lampenmeister, Sakapatates, die Serpenphare und diese Verderbnis-Viecher. Und ganz vorne dran die Petanks mit ihren vielen Farben. Wie soll ich bitte drauf kommen, dass der Grüne ein Schießstand sein will?
Allgemein ist die Free-Aim-Mechanik eine wirklich geniale Idee, um Gegner und vor allem Bosskämpfe zu individualisieren. Die Blumen von Goblu (und sein Banger-Soundtrack), die Rätsel des Lampenmeisters, die heilenden Kugeln der Creations, die euch aber Schaden machen, weil ihr invertiert werdet und die ganzen Pictos, die Statuseffekte drauf legen, euch stärker machen oder sogar AP zurückgeben, … Meine Lune konnte gegen Ende einfach dauerfeuern und damit easy meine Gradient-Leiste füllen.
Apropos AP – Das ist ein weiteres System, das super gelungen ist. Statt auf klassische MP zu setzen, die jeden Kampf weniger werden, startet so jeder Kampf mit ungefähr gleichen Voraussetzungen. Und weil ihr AP nur durch Angriffe und bestimmte Fertigkeiten zurückgewinnt, entsteht so eine geniale Wechselwirkung, bei der jede Aktion wohl überlegt sein muss. Außer ihr seid im Endgame und habt durch Pictos sowieso immer 9 AP zur Verfügung. Aber selbst das zeigt wieder, wie genial das Levelsystem ist.
Zusammen mit dem automatischen Speichern vor und nach jedem Kampf, den großzügig gesetzten Flaggen zum Rasten und Leveln und den Chroma-Elixieren und Heilitems, die sich wieder auffüllen, seid ihr nie in einer Situation, die ausweglos erscheint. Wobei ich die Items eh kaum gebraucht habe, weil Lune und Sciel echt gute Heilfertigkeiten hatte. Die dank des AP-Systems auch nie was gekostet haben außer eine Runde im Kampf. Von denen ich später zwei nacheinander hatte.
Man merkt dem Spiel eben deutlich an, dass die Entwickler den Spielspaß und das Feeling an erste Stelle gesetzt haben. Selbst Entscheidungen wie der Verzicht auf eine Mini-Map sind nachvollziehbar. Auch wenn die mir echt geholfen hätte. Verlaufen ist nämlich an der Tagesordnung, auch wenn die Areale alle einzigartig aussehen. Aber genau das ist der Sinn der Sache. Eine Mini-Map hätte dieses Expeditionsgefühl, dieses Erforschen des Unbekannten eingeschränkt. Und immerhin hat Sandfall uns Schnellreisepunkte geschenkt, damit wir nicht alles ablaufen müssen.
Das waren jetzt die Hauptpunkte, aber es gibt noch so viel mehr zu sagen. Startet den Speedrun-Timer!
Monoco ist der klassischste JRPG-Charakter ever mit seiner Kopierfähigkeit und dem Comic Relief. Genau das gibt dem Charakter Tiefe, wenn er gegen Ende plötzlich einsilbig wird.
Der Monolith zieht sich Ewigkeiten hin, aber sorgt dafür für ein wirkliches Final-Feeling (und führt dadurch wunderbar in die Irre).
Die “Gemalte Kraft”, die man danach kriegt, ist ein geniales Balancing.
Gesungener Soundtrack ist einfach der Hammer. Auch wenn da für Franzosen Spoilergefahr drin steckt.
Zum Glück ist das teilweise auch einfach französischer Nonsens.
Allgemein hat der Soundtrack so perfektes Timing.
Francois ist der absolute Burner, vor allem auf französisch.
Esquie ist ein Sweetheart.
Die Abschluss-Cutscenes der Kämpfe sind genial gemacht. Vor allem im Finale, wo man sich lange auf Parieren oder Ausweichen vorbereitet, nur um dann von Maelles Angriff überrascht zu werden.
Epic. Kriegt mich jedes Mal!
Die Entscheidung am Ende verleiht dem Spiel viel philosophische Tiefe. Die Welt retten oder sich der eigenen Trauer stellen? Welches Ende war für euch das richtige? Ich hab erst Maelle gewählt, aber Versos Ende ist einfach besser. Nur so kann Alicia wirklich leben.
Allgemein fühlt sich das Finale so an wie bei anderen Spielen ein gesamter DLC. So viel optionaler Stuff und Herausforderungen, dass sie die Hälfte der Spielzeit einnehmen können. Und alles lohnt sich! Außer vielleicht die Gestral-Strände und die Sammelaufgaben. Ist nicht meins.
Und zu guter Letzt: Die 33 ist überall. Selbst diese spicy Cutscene im Intro gibt eine Belohnung, wenn ihr den Leuten 33 mal zuhört.
Und vielleicht hab ich euch auch 33 Gründe gegeben, warum Clair Obscur Game of the Year wird. Könnt ja mal nachzählen.