Das Pocophone F1 von Xiaomi ist eines der Überraschungs-Highlights des Jahres: Ein überragend ausgestattetes Android-Smartphone zum absoluten Kampfpreis, der nicht nur großen Namen wie Samsung und Huawei, sondern auch „Preisbrechern“ wie OnePlus den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Was steckt hinter der Marke Pocophone und wieso ist dieses Handy nur so irre billig?
Mit der neuen Marke „Pocophone“ greift Xiaomi die „preiswerte High-End-Marke“ OnePlus direkt an – und unterbietet diese gnadenlos im Preis. Snapdragon 845, 4.000 mAh-Akku, bis zu 8 GB RAM – das Pocophone F1 hat die technischen Daten eines Flaggschiffs, kostet aber deutlich weniger. Die Version mit 128 GB ist hierzulande für läppische 369 Euro zu haben, dieses Smartphone ist eine Rakete zum Schleuderpreis. Der direkte Gegner OnePlus 6 kostet hierzulande rund 500 Euro.
Pocophone F1 zum Kampfpreis: TechAltar erklärt Xiaomis Multi-Marken-Strategie
Der in Berlin ansässige Branchenveteran TechAltar erklärt in einem Video auf YouTube auf überzeugende Weise, was hinter dem Pocophone F1 wirklich steckt. Hier ist der 8-Minuten-Clip auf Englisch:
Die Erklärung liegt in China und anderen Schwellenländer: Auf der einen Seite stehen dort „Offline-Marken“ wie Oppo und Huawei, deren Produkte in Ladengeschäften verkauft werden. Diese werden technisch bevorzugt ausgestattet und sind wegen der benötigten größeren Gewinnmarge relativ teuer.
Auf der anderen Seite haben wir „Online-Marken“, deren Produkte hauptsächlich oder sogar ausschließlich im Internet erhältlich sind. Das erlaubt im Gegensatz zum mehrstufigen Offline-Vertrieb mit seinen kostspieligen Ladengeschäften günstigere Preise. Diese Geräte werden stark auf das Preis-Leistungs-Verhältnis optimiert und mit weniger Marketingbudget beworben. Sie werden über eigens dafür positionierte Marken verkauft: Das sind OnePlus (gehört zum selben Konzern wie Oppo), Honor (gehört zu Huawei) und gewissermaßen auch Xiaomi.
Xiaomi vs. Oppo: Wo kommt das Geld her?
Die Besonderheit an Xiaomi ist, dass diese günstige „Online-Marke“ im Gegensatz zu den nächstliegenden Konkurrenten OnePlus und Honor kein „Offline“-Gegenstück besitzt – Xiaomi bediente bisher beide Vertriebskanäle mit nur einer Marke, ist also auch in Ladengeschäften zu finden. Das ändert sich jetzt mit Pocophone.
Eine weitere Besonderheit ist, dass das Unternehmen Xiaomi nicht ausschließlich auf Einkünfte durch den Smartphone-Verkauf angewiesen ist: Xiaomi verdient auch an Internet-Dienstleistungen, Elektro-Rollern und Haushaltsartikeln. Oppo und OnePlus haben hauptsächlich die Handys als Einnahmequelle. Xiaomi kann also durch Quersubventionierung eine aggressive Handy-Preispolitik fahren, wo andere nur schwer mithalten können.
Xiaomi: Mit Redmi gegen Realme und mit Pocophone gegen OnePlus
Besonders spannend ist der wachsende indische Markt, wo Smartphones im Preisbereich 120 - 240 Euro gefragt sind. Hier konnte Xiaomi mit den Billig-Smartphones der Redmi-Serie abräumen. Einige Zeit später kam Oppos Antwort darauf, in Form der neuen Marke „Realme“.
Die Marke OnePlus wurde absichtlich nicht von Oppo für diese Zurückeroberung des indischen Marktes verwendet, denn das OnePlus 6 steht mittlerweile für ein gar nicht mehr so günstiges Flaggschiff-Handy, das sich vor allem an Technik-Enthusiasten richtet.
OnePlus will und kann nicht als Mittelklasse-Hersteller positioniert werden (man denke an den Flop OnePlus X), ist sozusagen in seiner Ecke gefangen. Mit Pocophone erschafft Xiaomi also das Gegenstück zu OnePlus und kontert so Oppo im High-End-Bereich – nur dass preislich deutlich weiter nach unten gegangen werden kann.
Für jede Zielgruppe eine eigene Marke
Hinter all dem steckt die aus anderen Märkten bewährte Mehrmarkenstrategie, mit der ein Konzern komplett unterschiedliche Nutzergruppen gezielt ansprechen und bedienen kann, so wie es mit nur einer Marke nicht möglich wäre. Man denke an das teure Persil und das günstige Spee, beide von Henkel.
Xiaomi ist sich der fehlenden Flexibilität seiner bisher einzigen Marke bewusst geworden und schafft sich mit Pocophone also neue Freiräume. Den Vorteil des finanziellen Spielraums hat die Marke gleich in die Wiege gelegt bekommen.
Quelle: Techaltar auf YouTube
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