Mortal Kombat 11: Knochen brechen in Zeiten der Zeitreise
Am 23. April erschien Mortal Kombat 11. Es sollte das größte Mortal Kombat aller Zeiten werden. Ob die vollmundigen Versprechen eingehalten wurden, wie kreativ die Kills im 11. Teil der Reihe sind und ob das Ganze überhaupt noch zugänglich für Neulinge ist, lest ihr im Test.
Über vier Minuten Story-Trailer für ein Fighting Game? Ich kenne Fighting Games, die haben nicht mal vier Minuten Story!
Ich war von Anfang an ein Street Fighter-Kid. Das sollte ich vielleicht vorab sagen. Nachdem ich Street Fighter II unterm Weihnachtsbaum ausgepackt hatte, war ich verliebt und blieb es auch. Alle Teile, die für das SNES erschienen, wanderten nach und nach in meine Sammlung. Für mich wurde Street Fighter zum Inbegriff eines Kampfspiels.
Gleichzeitig war mir aber auch schon immer bewusst: Es gibt da noch Das Andere Spiel. Das, worüber die älteren Kinder auf dem Schulhof tuschelten. Wo Blut spritzt und Knochen knacken. Wo die Kontrahenten bis zum Tod kämpfen: Mortal Kombat.
Gewalt mit Geschichte
Jahrelang hatte ich mehr oder weniger intensiv mit der Serie geflirtet. Nun wollte ich endlich zuschlagen. Und so wurde Mortal Kombat 11 mein erstes Mortal Kombat.
Wäre es einfach ein blutiges Schlachtfest gewesen, hätte mich das nicht überrascht. Damit hatte ich fast gerechnet. Was mich überraschte, war die geradezu liebevolle Präsentation des Spiels. Ja, Mortal Kombat 11 ist brutal – lächerlich brutal sogar. Gleichzeitig erzählt es aber eine der komplexesten und detailliertesten Geschichten, die jemals um ein Kampfspiel herum gestrickt wurden. Wo andere Vertreter des Genres auf eine kurze Intro-Sequenz und Texttafeln setzen (Sorry, Street Fighter), fährt Entwickler NetherRealm eine Story in Spielfilmlänge auf.
So krass sind die Fatalities in Mortal Kombat 11.
Kein Witz: Um da hinterher zu kommen, war erstmal eine kleine YouTube-Recherche nötig. Allen Newbies kann ich das nur empfehlen – die Story der Mortal-Kombat-Reihe ist erstaunlich kompliziert, wird aber in diversen Videos schnell und verständlich erklärt. So ergibt auch die durchgeknallte Geschichte von Mortal Kombat 11 gleich etwas mehr Sinn.
Worum geht’s? Kurz gesagt: In einem der letzten Spiele manipulierte Mortal-Kombat-Veteran Raiden den Verlauf der Geschichte, um den scheinbar unvermeidlichen Sieg des Bösen abzuwenden. Tatsächlich löste er so einen soften Reboot der gesamten Reihe aus – im Zuge dessen wechselten allerdings auch die meisten der einstigen Helden auf die dunkle Seite der Macht. Typischer Fall von dumm gelaufen. Raiden ist ziemlich angepisst, will die Welt der Menschen aber weiterhin verteidigen – mit allen Mitteln.
Mortal Kombat 11 perfektioniert das Chaos nun mit Hilfe einiger neuer Charaktere. Unter denen ist auch Kronika, die, wie der Name vermuten lässt, die Zeit kontrolliert. Verständlicherweise ist sie nicht gerade erfreut über Raidens Einmischung. Also holt sie kurzerhand jüngere Ausgaben diverser Kämpfer in die Zukunft, um das Ganze zu richten. Klingt verworren? Ist es – aber eben auch extrem episch.
Krasse Kills für Noobs und Pros
Für die Steuerung der verschiedenen Kämpfer gilt zum Glück nur Letzteres. Die durchgeknallten Killer-Moves, für die Mortal Kombat berühmt und berüchtigt ist, gibt’s auch im 11. Teil der Reihe zu bestaunen; es braucht aber keinen Doktor in Gamology, um ein paar blutige Kombos auf den Bildschirm zu zaubern. Die Steuerung hat durchaus Tiefe, bleibt aber eingängig. Wer überfordert ist, kann sich die gängigsten Kombos auch direkt im Pausen-Menü anzeigen lassen.
So dauert es nicht lange, bis auch Einsteiger ihren Gegnern den Unterkiefer wegboxen, sie in der Mitte auseinander reißen oder in die Luft sprengen. Die brutalen Fatalities werden aufwendig in Szene gesetzt und sehen alle wunderschön aus – also, so schön wie Fleisch zerfetzende, Knochen brechende Ultra Violence halt sein kann. Hübscher wird's nicht. So schaltest du alle Fatalities frei.
Ebenso schick und ganz neu im Spiel sind Fatal Blows: Diese Special Moves lassen sich erst auslösen, wenn du schon richtig fies auf die Fresse gekriegt hast und deine Lebensanzeige unter 30% sinkt. Dafür hauen sie dann auch ganz ordentlich rein: Im richtigen Moment eingesetzt kann ein Fatal Blow jeden Kampf in Sekunden drehen. Das macht die Kämpfe noch unberechenbarer, noch spannender, und erleichtert ganz nebenbei auch Newbs wie mir den Einstieg in die Welt von Mortal Kombat.
Wer schön sein will, muss grinden
Auch abseits der ausführlichen Story-Kampagne gibt es in Mortal Kombat 11 viel zu entdecken. Jeder der 24 Kämpfer kann fast nach Belieben bearbeitet werden. Kleidung, Waffen, Moves, Posen, Items – all das lässt sich ändern, ergänzen, aufbauen. Die Sache hat allerdings einen Haken, denn die Goodies, die benötigt werden, um die Kämpfer zu bearbeiten, wollen erstmal freigeschaltet sein. Und die Schatztruhen, in denen sie lagern, sind nicht gerade günstig.
Es wirkt immer ein bisschen komisch, sich über zu viel Inhalt zu beschweren, aber Mortal Kombat 11 übertreibt es wirklich. Schon bei Super Smash Bros. Ultimate hatte ich das Gefühl, unter Extras und Sammler-Items begraben zu werden. Mortal Kombat 11 toppt den Nintendo-Prügler nochmal. Wäre ich Komplettist, mir würde bei dieser Menge an freischaltbaren Inhalten der kalte Schweiß ausbrechen .
Wer sich genügend In-Game-Währung erarbeiten will, um alles zu sehen und zu besitzen, muss Mortal Kombat wohl zum Hauptberuf machen – oder darauf hoffen, dass NetherRealm hier noch ein bisschen nachbessert. Ein entsprechendes Update wurde verärgerten Fans jedenfalls schon in Aussicht gestellt.
Fazit und Zusammenfassung
Das Wichtigste zuerst: Mortal Kombat 11 macht Spaß. Extrem viel Spaß sogar. Das Spiel bietet mehr als genug, um Fans der Reihe neu zu begeistern, bleibt aber auch für Einsteiger großteils zugänglich. Wer die Feinheiten der ausufernden Story verstehen will, muss einige Vorkenntnisse mitbringen. Dafür erzählt Mortal Kombat 11 aber auch die wohl beste Story des Prügler-Genres.
Die bleibt ebenso in Erinnerung, wie die krassen Moves des Spiels. Die sind 2019 natürlich nicht so neu und schockierend wie sie in den Neunzigern waren, haben aber nichts von ihrem Kultfaktor eingebüßt. Jede Fatality ist ein kleines Gore-Fest. Die Fatal Blows fügen sich perfekt ins Gameplay ein – hätte man es mir nicht gesagt, wäre ich nie drauf gekommen, dass es sich dabei um eine Neuerung handelt.
Der riesige Aufwand, der nötig ist, um an die freischaltbaren Inhalte zu kommen, bleibt das einzige echte Manko des Spiels. Hier sollte NetherRealm Wort halten und nachbessern. Stundenlanger Spielspaß ist mit Mortal Kombat aber auf jeden Fall gegeben. Street Fighter wird immer meine erste Liebe bleiben, aber Mortal Kombat ist eine mehr als verlockende Affäre.
Mortal Kombat 11 wird dir gefallen, wenn ... du blutige Action, kultige Charaktere und durchgedrehte Stories magst.
Mortal Kombat 11 wird dir nicht gefallen, wenn ... du möglichst schnell alles in einem Spiel erleben und haben musst, um zufrieden zu sein.