Für viele ist The Legend of Zelda: Breath of the Wild das beste Spiel der letzten zehn Jahre - trotz der nur noch 97% bei Metacritic. Und auch im Vergleich zu den restlichen Teilen der Reihe gilt die aktuelle Auflage als bestes Abenteuer. Aber wie fühlt sich eigentlich jemand, der keines der Games je gespielt und Zelda noch nie gerettet hat, wenn er das erste Mal seine Switch einschaltet und Breath of the Wild startet? Genau so ein Mensch ist unser Autor und das hier sind seine Bekenntnisse.

 
The Legend of Zelda: Breath of the Wild
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The Legend of Zelda: Breath of the Wild
The Legend of Zelda – Breath of the Wild im Test: Aufbruch in eine neue Welt

Ich bin wohl das, was man einen Nintendo-Fanboy nennt. Mit dem Einzug des NES in mein Kinderzimmer 1990 wurde der Grundstein gelegt für eine Kindheit mit Mario und Co. Ich verbrachte ganze Wochenenden mit der Super Mario Bros.-Trilogie. Später verprügelte ich auf dem Super Nintendo meine Klassenkameraden in Street Fighter II und mauserte mich in Mission: Impossible auf dem Nintendo 64 zum Super-Agenten.

 

Bei aller Liebe konnte ich mich aber für einen Nintendo-Klassiker nie erwärmen: The Legend of Zelda. Schon mein erster Trip nach Hyrule – The Legend of Zelda II: The Adventure of Link auf dem NES – war ein ziemliches Desaster. Den ″Game Over″-Bildschirm kriegte ich öfter zu sehen als die Spielwelt, was gleich doppelt frustrierend war, weil ich nicht mal wusste, was mir der Zusatz „Return of Ganon″ sagen sollte.

Erst Jahre später wagte ich auf dem Nintendo 64 einen zweiten Versuch. Inzwischen war ich alt genug, um zu raffen, was das Spiel eigentlich von mir wollte, aber Spaß hatte ich am gehypten 3D-Zelda Majora's Mask trotzdem wenig. „Renn‘ dahin″, „Finde jenes″, „Zerstöre dieses″ – die Aufgaben, vor die das Spiel mich stellte, wurden mir schon innerhalb der ersten Stunden langweilig. Schon einen Tag vor Ablauf der Ausleihfrist wanderte Majora's Mask zurück in die Videothek.

Trotzdem ließ ich mich überreden, The Legend of Zelda: Breath of the Wild zusammen mit meiner Nintendo Switch vorzubestellen. Ob dieser Ausflug nach Hyrule länger andauern würde?

So erlebte ich als Zelda-Jungfrau Breath of the Wild:

00:05

Link wacht halb nackt in einer seltsamen Flüssigkeit liegend auf und hat keine Ahnung, was eigentlich los ist. Mega, klingt wie mein Sonntagmorgen, kann ich mich direkt mit identifizieren. Scherz beiseite: Wirklich ein toller Einstieg. Mal was anderes als die typische Story vom armen Bauernjungen, der berufen wird, in der großen weiten Welt sein Schicksal zu finden.

00:06

Oh, ich kann klettern. Cool. Und hier gibt’s Klamotten. Sehr gut. Aber wo ist das Schwert? Ich hab‘ mir sagen lassen, man kriegt in The Legend of Zelda immer erstmal ein Schwert.

00:10

Okay, wenn es in dieser Höhle ein Schwert gibt, ist es zu gut versteckt. Ich hab‘ aus allem Kleinholz und trotzdem nichts gefunden – aber witzig, dass man alles kaputtmachen kann. Jetzt erstmal raus hier.

00:11

Wow! Wenn diese Spielwelt wirklich frei bereisbar ist, bin ich ziemlich begeistert.

Link schaut auf die Weiten Hyrules
Link schaut auf die Weiten Hyrules

00:12

Kann ich eigentlich auf alles draufklettern?

00:15

Verdammt. 15 Minuten und schon Game Over. Ich kann also auf alles draufklettern, aber ich kann auch in den Tod stürzen – ist gespeichert.

 

Link versucht einen Berg zu erklimmen
Link versucht einen Berg zu erklimmen

 

00:17

Und schon wieder Game Over. Merke: Nur, weil ich den Boden sehen kann, heißt das nicht, dass ich einfach runter springen darf. Interessant. Fast schon realistisch. Damit hätte ich in einem Spiel mit dem Titel The Legend of Zelda eher nicht gerechnet.

00:25

Diese schweinsnasigen Trolle sehen nicht gerade freundlich aus – für einen Nintendo-Titel sogar ziemlich furchteinflößend. Gefällt mir. Aber ohne Schwert komme ich denen vielleicht besser nicht zu nah. Ob ich drumherum laufen kann?

00:28

Google sagt, die Viecher heißen Bokoblins. Klingt richtig. Oh Gott, ich glaube, einer hat mich gesehen. OH GOTT, DER KANN JA RENNEN!

00:29

Ha! Wenn ich weit genug wegrenne und mich ins hohe Gras ducke, sieht er mich nicht mehr. Sehr cool. Und wieder ziemlich realistisch. Ob ich wohl einen Felsen auf die Viecher rollen kann? Ist zwar 'n bißchen geschummelt, weil ich das bei Jimmy Fellon gesehen habe, aber was soll's – mal sehen, ob ich das auch hinkriege.

00:30

Geschafft! Und ein paar Keulen hab‘ ich auch abgestaubt. Kein Schwert, aber immerhin.

00:32

Die Stimme – das ist schon Zelda, oder? – sagt, ich soll zu dem leuchtenden Punkt auf der Karte gehen. Gesagt. Getan.

00:36

Ist das eigentlich Hyrule hier? Sieht ganz schön durch aus. War ich das vielleicht? Leute, die am Anfang der Geschichte ohne Erinnerung auftauchen, sind ja am Ende gern mal selbst die Bösen. Und was hat es mit diesen Steampunk-Robotern auf sich, die hier überall rumliegen? Die sind doch für The Legend of Zelda auch eher untypisch, oder? Wenn die Landschaft mich neugierig machen soll: Ziel erreicht.

00:44
Toll. Jetzt steh‘ ich hier wie blöd auf diesem riesigen Turm. Runter springen ist nicht, klar. Kann ich runter klettern?

00:48

Yep. Ich kann. Kann man in diesem Spiel alles machen, was man logischerweise können sollte? Wenn das konsequent durchgezogen wird, ist das ziemlich cool.

01:00
Um mir den Paragleiter zu verdienen, mit dem ich vom Plateau runterkomme, soll ich Schätze für den alten Mann sammeln. Kommen jetzt doch wieder diese nervigen „Renne dorthin″- und „Finde jenes″-Aufgaben? Hoffen wir mal das Beste...

01:50

Hilfe, ich kann nicht mehr aufhören zu kochen! Nie hat Grinding so viel Bock gemacht! Ich bin auf Twitter schon auf zig Rezeptesammlungen gestoßen, hab‘ mir aber noch keine angeschaut – ich will das alles selbst rausfinden!

 

Link beim Kochen
Link beim Kochen

 02:42

Ich komm‘ gar nicht drüber hinweg, wie schön diese Spielwelt ist. Wer bei Twitter unter #NintendoSwitch nachschaut, findet fast nur Screenshots aus Breath of the Wild – und das kann ich auch absolut nachvollziehen! Dieses Hyrule ist vielleicht die belebteste und detailreichste Spielwelt, die mir bisher untergekommen ist. Sollte nicht lange dauern, bis irgendein Künstler hier ein Fotoprojekt startet.

04:26

Ein Schrein fehlt mir noch. Ein einziger dämlicher Schrein. Aber auf halbem Weg erfriere ich jedes Mal, weil der im verschneiten Gebirge steht. Ja, ich weiß, ich hab‘ nur diese zerlumpten Klamotten an, aber andere hab‘ ich nicht! Ich muss aber in den Schrein, um vorwärts zu kommen. Was mache ich denn falsch? Was willst du von mir, Spiel?

04:30

Moment. Kann ich vielleicht 'ne Fackel mitnehmen, um mich zu wärmen? Wenn in der Spielwelt alles geht, was auch in der echten Welt möglich ist, könnte das funktionieren.

04:42

Ha! Es funktioniert! Die Fackel wärmt mich! Ist das geil! Da hat beim Spieldesign echt jemand mitgedacht.

04:45

Verdammte Axt, die Fackel ist aus.

04:49

Game Over. Schon wieder. Ich glaube, in den letzten Stunden Breath of the Wild bin ich öfter gestorben, als jemals zuvor in einem Spiel. Nicht mal in The Legend of Zelda II: Link's Adventure hab‘ ich so oft den Game-Over-Bildschirm gesehen – aber hier macht es mir überhaupt nichts aus. Das liegt natürlich auch an den Speicherpunkten, die dafür sorgen, dass ich nie weit zurück geworfen werde. Hauptsächlich liegt es aber daran, dass ich hier jedes Game Over nachvollziehen kann: Wenn ich halb nackt ins Schneegestöber renne, erfriere ich – ist sinnvoll. Wenn ich wie so'n Lemming direkt in die Lanze eines Bokoblin renne, spießt die mich auf – sinnvoll. Das Spiel ist schwer, aber fair. Damit kann ich leben.

05:16

Okay, ich gestehe: Ich habe gegoogelt. Aber jetzt weiß ich wenigstens, wie ich den alten Mann dazu kriege, Winterkleidung rauszurücken. Dann mal ran an den Speck.

Zelda_Breath_Of_The_Wild_Geschafft

06:07

Ganon hat mich schon besiegt? Der König von Hyrule ist tot? Okay, damit ich hätte ich jetzt nicht gerechnet. Waren die alten Zelda-Teile auch so dramatisch?

06:10

Okay, jetzt will ich erst recht wissen, wie's weiter geht. Runter vom Plateau!

06:16

Oh Gott, die Monster werden immer größer. Und ständig zerbrechen meine Waffen. Ein Glück gibt’s hier ausreichend Nachschub.

06:15

Jetzt mal im Ernst: Wie groß ist diese Spielwelt eigentlich? Ich fand‘ das Plateau schon riesig – in anderen Spielen wäre das die komplette Welt, und ich wäre ganz zufrieden damit. Kann ich jetzt die blau gefärbten Areale auch bereisen? Gut, das erklärt natürlich, warum dieses Spiel gefühlte zehn Jahre in Entwicklung war. Ich glaube, der DLC kann noch bis Weihnachten warten. Vielleicht auch bis Weihnachten 2018. Und an Skyrim brauch‘ ich erstmal gar nicht denken.

 

Zelda_Breath_Of_The_Wild_Spielwelt

 

Breath of the Wild – ein frischer Wind weht durch Hyrule

Ich könnte das hier noch endlos fortführen. Mittlerweile bin ich auf meiner Reise durch das verwüstete Hyrule schon in der 30. Stunde – und immer noch stoße ich bei Twitter tagtäglich auf Fotos von Orten, Charakteren und Missionen, die ich noch nicht mal gesehen habe – aber das Ziel ist, sie alle zu finden (Ich brauche dieses Skelett-Pferd!).

Der Zelda-Reihe mit Breath of the Wild noch eine Chance zu geben, war also goldrichtig. Seit Super Mario 64 hat kein Spiel mich mehr so dauerhaft gefesselt, und das Konzept der Open World hat für mich noch nie besser funktioniert. Sich im Hyrule von Breath of the Wild zu verlaufen, ist quasi unmöglich, weil es an jeder Ecke etwas Neues zu tun gibt. Mein Problem – wenn man das so nennen will – ist viel mehr, dass die Ereignisse am Wegesrand mich für Stunden und Tage von den Hauptzielen des Spiels ablenken.

Bin ich nun also geläutert? Laufe ich jetzt los und besorge mir die alten Zelda-Teile, um auf meiner Retro-Konsole das Verpasste nachzuholen? Nein. Soweit ich das verstehe, ist Breath of the Wild eine ganz neue Art von Zelda – ein Spiel, das die Reihe neu erfindet und mit vielen alten Traditionen bricht. Und dieses neue Zelda gefällt mir. Mein Interesse am Rest der Reihe steigt dadurch allerdings nicht. Macht aber auch nichts – mit Breath of the Wild dürfte ich schließlich noch eine ganze Weile beschäftigt sein.