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E-Bike-Luftikus mit Mängeln: Acht Wochen mit dem Urban Carbon One

Das Urban Carbon One zieht zweifellos Blicke auf sich. (© GIGA)
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Schwer, hässlich wie die Nacht und nur etwas für faule Socken: Am E-Bike haften noch immer viele Vorurteile. Das Urban Carbon One räumt mit ihnen auf. Nur 15 Kilo wiegt das Pedelec, das neben seiner Leichtigkeit auch mit einer Reihe von smarten Features punktet. Wie so oft steckt der Teufel aber im Detail.

 
E-Mobility
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Neu ist der Boom der E-Bikes nicht. Seit Jahren schicken immer mehr Deutsche ihre alten Drahtesel in Rente und steigen auf Pedelecs um. Jünger ist hingegen der Trend zum smarten E-Bike, den vor allem VanMoof und Cowboy in Gang gesetzt haben. Mit Urban reiht sich nun ein weiterer Hersteller in diese Riege ein. Ob das Urban Carbon One mehr zu bieten hat als sein absurd geringes Gewicht, verrate ich in meinem Erfahrungsbericht.

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Hingucker-Design mit Verarbeitungsmängeln

Bei der Verarbeitung hätte man noch mehr Wert auf Details legen können. (Bildquelle: GIGA)

Schick sieht es aus, das Urban Carbon One. Mit seinem geschwungenen Rahmen, das laut Designer Mathis Heller von einem Möbiusband inspiriert wurde, ist das E-Bike auf jeden Fall ein Hingucker. Schüchterne sind hier aber Fehl am Platz: Mit diesem Pedelec fällt man auf, in meinem mehrwöchigen Test wurde ich oft von Passanten auf der Straße angesprochen und in Gespräche verwickelt.

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Gestört hat mich das nicht – ganz im Gegensatz zum Akkudeckel. Der bricht das ansonsten schnörkellose Design des Carbon One nicht nur deutlich, hier zeigen sich auch die wenigen Verarbeitungsmängel am E-Bike. Spaltmaße sind deutlich zu sehen und die Gummi-Abdeckung für das Ladekabel fühlt sich richtig billig an.

Mit 15 Kilo ist das Urban Carbon One ein Leichtgewicht

Vor allem aber stelle ich mir die Frage: Wofür? Mit 15 Kilo ist das Carbon One ein Leichtgewicht, nicht zuletzt dank seines Carbon-Rahmens. Treppen-Tragen ist mit dem One kein Problem mehr. Andere smarte E-Bikes von Cowboy oder VanMoof bringen mehr auf die Waage. Einen Wechsel-Akku hätte sich Hersteller Urban also sparen können, in meinem Testzeitraum habe ich ihn nicht einmal aus dem Rahmen genommen. Der Nachfolger bekommt hoffentlich einen fest verbauten Akku.

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Pedelec mit sportlichem Fahrgefühl

Schmuck und schwungvoll: Das Urban Carbon One bringt Fahrer mit sattem Elektroantrieb auf Touren. (Bildquelle: GIGA)

Keine Kompromisse muss man beim Fahrgefühl eingehen – zumindest, wenn man es sportlich mag. Der 250-Watt-Motor in der Hinterradnabe beschleunigt das Urban Carbon One kraftvoll. Dem Fahrer stehen neben einer Schiebehilfe 3 Unterstützungsstufen und ein Turbo-Modus zur Auswahl. Ich bin immer auf Stufe 1 gefahren. Mit lockerem Treten bin ich so mühelos auf 22/23 km/h gekommen. Stufe 2 ist etwas schneller. Einen wirklichen Unterschied zwischen Stufe 2 und Stufe 3 habe ich nicht wahrgenommen. Der Turbo-Modus macht seinem Namen alle Ehre und katapultiert einen mit Wucht nach vorne. Ist der Turbo aktiviert, ist im Display eine Rakete zu sehen – nett. Bei 25 km/h ist aber Ende im Gelände mit der Unterstützung, ganz gesetzeskonform. Egal, ob Stufe 1 oder Turbo-Rakete: Die Scheibenbremsen bringen das Rad schnell und sicher zum Stillstand. Gänge oder eine klassische Kette besitzt das E-Bike nicht. Stattdessen wird ein Riemen verwendet.

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Zum sportlichen Gefühl trägt ebenfalls die Sitzhaltung auf dem Urban One bei. Die ist Rennradfahrer-like nach vorn gebeugt. Der Lenker ist in der Höhe nicht verstellbar, lediglich der Sattel. Heißt: Je höher der Sattel gestellt wird, desto mehr nach vorne gebeugt fährt man. Mir sagt das zu. Wer aber Hollandrad-Fahrer ist, wird mit dem Carbon One sicher nicht glücklich. Komplett ohne Federung (Hardtail) fühlt sich das E-Bike natürlich zuallererst in der Stadt auf ebenem Grund Zuhause. Ich bin mit dem Pedelec aber auch öfters in Parks oder auf Schotterwegen gefahren und hatte keine Probleme. Vielleicht ist mein Hintern aber schon abgehärtet.

Und apropos Hintern: Der Sattel hat in meiner ersten Testwoche regelmäßig ein nerviges Knackgeräusch abgegeben. Ungefähr so, als würde man ein Plastikspielzeug brechen. Irgendwann hat es aber einfach aufgehört. Den Grund für das Knacken kenne ich bis heute nicht.

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Erhältlich ist das Urban Carbon One in zwei Größen: Mittel und Groß. Die richten sich an Fahrer mit unterschiedlicher Körpergröße.

  • Mittel: 170 - 185 cm Größe des Fahrers
  • Groß: 180 - 195 cm Größe des Fahrers

Die maximale Nutzlastkapazität gibt der Hersteller mit 110 Kilo an. Zieht man die 15 Kilo des Rads ab, bleiben also noch 95 Kilo, die Fahrer höchstens auf die Waage bringen können.

E-Bike mit maximal 50 Kilometer Reichweite

Den Motor befeuert ein 360-Wattstunden-Akku von Samsung. Urban verspricht eine Reichweite von 40 bis 100 Kilometer. Die konnte ich beim besten Willen aber nicht erreichen. Wie lange ein E-Bike-Akku hält, ist zwar von vielen Faktoren abhängig. Zum Beispiel Unterstützungsstufe, Steigung, Gewicht des Fahrers usw. Doch selbst mit der niedrigsten Stufe, mit der ich immer gerne gefahren bin und die ich auch allen Käufern empfehlen würde, kam ich höchstens auf 50 Kilometer. Das reicht für die Stadt – und dafür ist das Carbon One ja auch gemacht – aber nicht für mehr.

Immerhin ist der Akku in gut 3 bis 3,5 Stunden wieder recht zügig aufgeladen. Negativ aufgefallen ist mir allerdings der recht hohe Akkuverbrauch im Standby, also wenn das Rad gar nicht gefahren wird. Womöglich nagen hier die smarten Features des Carbon One am Energiespeicher.

Smarte Features oft nur Spielerei

Entsperrt wird das Urban Carbon One mittels Fingerabdrucksensor. (Bildquelle: GIGA)

Die sind nämlich reichlich vorhanden, auch dank 4G-Anbindung über die integrierte eSIM. Doch smart ist nicht gleich smart, die Features gehen von „richtig praktisch“ bis zu „nette Spielerei.“ Zweifellos in die erste Kategorie fällt etwa der Fingerabdrucksensor auf der rechten Seite des Lenkers. Damit wird das E-Bike entsperrt und eingeschaltet. Die Taste betätigt außerdem Klingel und den Sprachassistenten. Ja, das Urban Carbon One lässt sich zumindest rudimentär mit der Sprache bedienen.

Besonders gut klappt das aber nicht. Erstens sind die Kommandos doch recht eingeschränkt und funktionieren nur in Englisch, zweitens stellt sich auch hier die Sinnfrage. Ist es während der Fahrt wirklich bequemer und schneller die Taste zu drücken und dann etwa „Turn on the lights“ zu sagen – statt einfach die Taste für die Lichter zu betätigen? Hier wirkt es so, als hätte Urban ein Problem lösen wollen, das in Wahrheit gar nicht existiert. Immerhin besteht aber die Chance, dass der Sprachassistent in Zukunft mit Updates verbessert wird.

Verbessert werden muss dann auch der Zeitversatz zwischen Drücken der Klingel und Klingelton. Da sind immer 1 bis 2 Sekunden Versatz drin und im Extremfall kann das über Unfall oder nicht entscheiden. Da nutzt es auch nichts, dass man innerhalb der App die Auswahl zwischen mehreren Klingeltönen (zum Beispiel Pferdewiehern oder Hupe) hat. Die Klingel hätte auch einen Tick lauter sein können.

Auf dem Display sind alle relevanten Informationen wie etwa Akkustand oder Geschwindigkeit zu sehen. (Bildquelle: GIGA)

Schaltzentrale beim Fahren ist das Matrix-Display. Hier gibt es die üblichen Infos zu sehen: Unterstützungsstufe, Akkustand und Geschwindigkeit. Auch die Abbiege-Richtung des Urban Carbon One wird hier angezeigt, denn das E-Bike besitzt echte Blinker. Über das Hinterlicht werden Abbiege-Pfeile auf den Boden projiziert (siehe Video unten). Die sind aber nur im Dunkeln gut zu erkennen. Wirklich verlassen würde ich mich im Verkehr darauf nicht. Autofahrer dürften eher auf klassische Handzeichen achten. Gut gefallen hat mir hingegen, dass die Beleuchtung dank Umgebungssensor automatisch ein- und ausgeschaltet wird. Ist bequem und spart Akku.

Urban Carbon One: Blinker
Urban Carbon One: Blinker

App bietet viele nützliche Zusatzinfos

Für die übersichtliche und funktionsreiche App hat Hersteller Urban Lob verdient. (Bildquelle: GIGA)

Einen tiefergehenden Einblick ins Carbon One erhält man über die passende App. Einstellungen am Rad lassen sich hier verändern, es gibt nützliche Tutorials zum Aufbau oder zur Fehlerbehebung, eine Ortungsfunktion, Statistiken verraten unter anderem zurückgelegte Strecken, verbrauchte Kalorien oder eingespartes CO₂. Und auch eine Community ist angebunden. Man kann an den Erlebnissen anderer Carbon-One-Besitzer also direkt Teil haben. Hier hat Urtopia wirklich Lob verdient: Die App ist schön gestaltet, übersichtlich und bietet allerhand nützlicher Zusatzinformationen. Der erste Koppelungsversuch über den QR-Code im Display klappte allerdings nicht, ich musste das Rad manuell verbinden.

Fazit zum Urban Carbon One: Schickes E-Bike für die Stadt

Das Carbon One fühlt sich in der Stadt am wohlsten. (Bildquelle: Urban)

Mit einem Preis von 3.299 Euro ist das Carbon One alles andere als ein Schnäppchen, zumal sich Hersteller Urban Zubehör wie einen Fahrradständer oder Schutzbleche zusätzlich bezahlen lässt. Immerhin gibt es aktuell aber eine Rabatt-Aktion, bei der man 600 Euro sparen kann (im Onlineshop von Urban ansehen).

Trotzdem hinterlässt das Urban Carbon One unterm Strich einen positiven Eindruck. Das liegt aber weniger an seinen smarten Features als vielmehr am leichten Gewicht, dem sportlichen Fahrgefühl und dem schicken Design. Die kluge Technik, mit der der Hersteller wirbt, war in meinem rund achtwöchigen Test nur schmückendes Beiwerk.

Hausaufgaben hat Urban aber trotzdem noch reichlich zu erledigen. Insbesondere die geringe Reichweite von gut 50 Kilometer hinterlässt einen üblen Nachgeschmack. Ein größerer Akku (gerne fest verbaut!) sollte beim Nachfolger genauso auf der To-Do-Liste stehen wie das Ausmerzen der kleineren Verarbeitungsmängel.

Wer ein leichtes und schickes E-Bike für die Stadt sucht, das mit Motor-Unterstützung den Weg zur Arbeit oder zum Supermarkt erleichtert, macht mit dem Urban Carbon One aber nichts falsch.

Und ganz zum Schluss: Großes Lob an Urban für die schlanke und durchdachte Verpackung!

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