Die Telekom-Tochter T-Mobile US gibt ihre Werte auf.
Ein Kommentar von Martin Hartmann
Wenn ich einen neuen Internetanbieter suche, lande ich irgendwie immer wieder bei der Telekom. Schon jetzt ist meine Rückkehr zum Magenta-Konzern sicher, sobald mein aktueller Vertrag endet. Bisher hatte ich damit auch kein großes Problem. Dass die Telekom-Tochter T-Mobile US jetzt vor Donald Trump buckelt, lässt mich aber an meiner Entscheidung zweifeln.
Telekom-Tochter macht Kniefall vor Trump
Was ist passiert? T-Mobile US, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom, gibt ihre Programme für Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration auf. In den USA werden solche Maßnahmen als DEI (Diversity, Equity, Inclusion) bezeichnet und sind schon lange ein Dorn im Auge der Republikaner, allen voran Donald Trump.
T-Mobile US will jetzt alle Rollen und Teams auflösen, die sich mit DEI beschäftigt haben, sowie Verweise auf die Programme von Webseiten und Schulungsmaterialien entfernen. Die Telekom-Tochter legt in ihrem Statement Wert darauf, zu erwähnen, dass die Programme „nicht nur vom Namen her, sondern auch in der Substanz“ beendet werden.
Die Entscheidung kommt gerade jetzt, wo T-Mobile US auf eine Genehmigung für zwei große Deals wartet, um die Marktmacht in den USA weiter auszubauen. Der von Trump ernannte Chef der zuständigen Behörde Brendan Carr hat sich bereits positiv dazu geäußert, dass T-Mobile US seine DEI-Programme aufgibt. Zuvor wurden ähnliche Deals erst akzeptiert, wenn die Unternehmen ihre Werte opferten (Quelle: Tagesschau).
Wie viel Wert haben die Werte der Telekom?
T-Mobile US ist bei weitem nicht das erste Unternehmen, das Programme zu Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration aufgibt, um der neuen US-Regierung zu gefallen. Als Tochterunternehmen der Deutschen Telekom lässt mich das schon daran zweifeln, wie viel Wert die Werte des Unternehmens (auch hier in Deutschland) tatsächlich haben.
Auf meine Nachfrage hin teilt mir eine Sprecherin des Unternehmens mit, dass „Respekt und ein diskriminierungsfreier Umgang miteinander“ zum Wertekanon der Deutschen Telekom gehören. In Deutschland soll sich nichts ändern (komplettes Statement am Ende des Artikels). In den USA gebe es aber andere Bedingungen:
Wir halten uns dabei immer an die Gesetze und regulatorischen Rahmenbedingungen der Länder, in denen wir tätig sind. Darum müssen wir lokal teilweise unterschiedliche Wege gehen. Die T-Mobile US, als amerikanisches und rechtlich eigenständiges Unternehmen, richtet sich nach den geltenden Bedingungen in den USA. Auch in der Vergangenheit war T-Mobile dabei erfolgreich. In unserer amerikanischen Organisation gab es zum Beispiel nie eine Frauenquote. Trotzdem haben wir dort mehr Frauen in Führungspositionen als in Europa.
Die Telekom schreibt weiter, dass die Ziele unabhängig davon gelten, was die Regierungen im jeweiligen Land verlangen. Genau das fehlt mir im Handeln von T-Mobile US allerdings. Der Anti-DEI-Kurs entsteht offensichtlich aus Druck der Regierung – und noch schlimmer, um Zustimmung für einen Deal zu erhalten.
Ich wünsche mir mehr Verantwortung
Dass die Deutsche Telekom hier auf Gesetze und regulatorische Rahmenbedingungen verweist, zeigt für mich fehlende Corporate Social Responsibility. Gemeint ist, dass Unternehmen der Verantwortung für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft gerecht werden. Laut der EU-Kommission sollten Unternehmen dabei selbst aktiv werden, während Behörden mit freiwilligen Maßnahmen und Vorschriften unterstützen (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales).
Die aktuelle Situation in den USA wäre genau der richtige Moment gewesen, um Haltung zu zeigen und trotzdem für die eigenen Werte einzustehen. Da sie das nicht tun, muss ich mir doch denken: Auch in Deutschland sind Gesetze und Vorgaben nicht in Stein gemeißelt. Würde die Deutsche Telekom anders handeln?
Auch wenn die Deutsche Telekom und T-Mobile US unabhängig voneinander Entscheidungen treffen, profitieren sie doch von den Handlungen des jeweils anderen – und von meinem Internetvertrag. T-Mobile US beendet ihre Diversitäts-Programme aus rein wirtschaftlichen Gründen – für mich ein klarer Mangel an Verantwortung. Ich bin froh, dass sich hier erstmal nichts ändert, aber wenn ich wieder einen Anbieter suche, ist das ein dickes Minus auf der Seite der Telekom.
Komplettes Statement der Deutschen Telekom:
Sehr geehrter Herr Hartmann,
zum Wertekanon der Deutschen Telekom gehören Respekt und ein diskriminierungsfreier Umgang miteinander. Nur dann kann jeder und jede das Potenzial voll ausschöpfen und die beste Leistung für das Unternehmen bringen. Das gilt und hat sich nicht geändert. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen und glauben weiterhin daran, dass die Vielfalt von Kulturen, von Interessen, von beruflichen und persönlichen Hintergründen oder von Jung und Alt, dabei hilft, als Unternehmen nachhaltig erfolgreich zu sein.
Wir halten uns dabei immer an die Gesetze und regulatorischen Rahmenbedingungen der Länder, in denen wir tätig sind. Darum müssen wir lokal teilweise unterschiedliche Wege gehen. Die T-Mobile US, als amerikanisches und rechtlich eigenständiges Unternehmen, richtet sich nach den geltenden Bedingungen in den USA. Auch in der Vergangenheit war T-Mobile dabei erfolgreich. In unserer amerikanischen Organisation gab es zum Beispiel nie eine Frauenquote. Trotzdem haben wir dort mehr Frauen in Führungspositionen als in Europa.
Die Telekom ist in 20 Ländern weltweit aktiv. Unabhängig davon, was Regierungen im jeweiligen Land von uns verlangen, gelten die Ziele, die wir verfolgen, weiterhin. Wir wünschen uns daher eine differenziertere Diskussion, als wir sie gerade teilweise erleben. Wir haben einen klaren Wertefokus, mit dem wir agieren und der schon seit Jahrzehnten fester Bestandteil unseres Unternehmens ist. Und dieser Kompass gilt nach wie vor. In Deutschland ändert sich nichts.