Nach Deadpool: Das sind die „Ab 18“-Comics, die Hollywood jetzt verfilmen sollte

Scalped

(Von Jason Aaron, R.M. Guera, Jock)

Heute ist Jason Aaron ein gefeierter Marvel-Star („Thor“, „Star Wars“) auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Ausschlaggebend für seinen aktuellen Erfolg ist vor allem sein 2007 erstmals erschienenes, 60 Hefte umfassendes Meisterstück „Scalped“, das nicht gerade wenigen Lesern als eines der besten Comics aller Zeiten gilt. Aarons genialer Genre-Mix aus organisiertem Verbrechen, anti-romantischem Spätwestern und der zeitgenössischen Kultur der amerikanischen Ureinwohner hat einfach alles, was wir gerne im Kino sehen.

In „Scalped“ kehrt die Hauptfigur Dash nach über einem Jahrzehnt zurück in seine Heimat, das Prairie Rose Reservat in South Dakota. Hier wird gerade gegen den Bau eines neuen Casinos protestiert. Eigentümer des Casinos ist der einflussreiche Kingpin Red Crow, der Dash umgehend als neuen Schläger engagiert. Am Ende des ersten Heftes erfahren wir, dass Dash ein Undercover-Agent des FBIs ist, der seine kulturelle und familiäre Verwurzelung im Reservat einsetzten soll, um den verbrecherischen Red Crow zu stürzen. 60 Hefte später ist man Zeuge einer der besten Gangsterballaden überhaupt geworden. Warum das Ding noch keine HBO-Serie oder Martin Scorsese-Verfilmung ist, können wir uns nicht erklären. Make it happen!

Crossed

(Von Garth Ennis und Jacen Burrows)

Wer „Crossed“ gelesen hat, der kann über die vermeintliche Brutalität von „The Walking Dead“ nur müde lachen. Wo sich die erfolgreiche Vorlage der noch erfolgreicheren TV-Serie mit plakativer und oberflächlicher Zombiegewalt begnügt, geht „Crossed“ dahin, wo es richtig wehtut. „Crossed“ ist wahrlich kein jugendfreier Comic.

Schöpfer Garth Ennis brach mit seinem überaus unangenehm angelegten Werk gleich mehrere Tabus, in dem er seinen Figuren jedweden heroischen Abgang und moralischen Ausweg versperrte. Ein Buch, das seine Leser ohne Tritt auf die Bremse voll gegen eine Wand aus Grauen und Verzweiflung brettern lässt. „Crossed“ war und ist bis heute das grenzwertigste Ausrufezeichen, das jemals hinter das Zombiegenre gesetzte wurde. Gleichzeitig ist es aber auch das innovativste und psychologisch spannendste Werk, das dem Reich der Untoten in den letzten Jahren entstiegen ist. Zwar werkelt Schöpfer Ennis derzeit selbst an einer seriellen Realverfilmung, doch allzu viel erhoffen wir uns davon nicht. „Crossed“ ist der perfekte Stoff für einen kleinen, intimen Horrorstreifen.

American Vampire

(Von Scott Snyder und Rafael Albuquerque)

Von „Interview mit einem Vampir“ kann man ja halten, was man will – dass das Motiv der blutsaugender Unsterblichkeit seinen Reiz hat, wird wohl niemand bezweifeln. „American Vampire“ basiert auf genau diesem Reiz und entwickelt dank seiner faszinierenden Charaktere und kurzweiligen Geschichten einen tollen Sog, der auch als Film prima funktionieren sollte.

Als Leser bestaunen wir die Geburt und Evolution einer speziellen Sippe von Vampiren, die mit neuen Fähigkeiten und Eigenschaften ausgestattet im Tageslicht wandeln kann. Was in den Ausläufern der Western-Ära beginnt, wird von Comic-Star Scott Snyder geschickt durch die Hot Spots der amerikanischen Geschichte gefädelt. Im Zentrum dieser Familiensaga steht die epische Feindschaft zwischen dem amoralischen Western-Outlaw Skinner Sweet und der jungen Hollywood-Schauspielerin Pearl, die 1920 von Skinner gegen ihren Willen in ein neues Leben geboren wird.

Leaving Megalopolis

(Von Gail Simone und Jim Calafiore)

Was „Deadpool“ in Richtung Marvel und DC spottet, ist gegen die zerstörerische Kraft von „Leaving Megalopolis“ geradezu ein Witz. In diesem Comic sind die Superhelden das Böse. Infiziert von einer mysteriösen, dunklen Macht erobern die einst verehrten Ikonen die Stadt Megalopolis und machen auf die wenigen, menschlichen Überlebenden Jagd.

Dabei gehen die den bekannten Marvel- und DC-Superhelden nachempfundenen Figuren mit einer derartigen Brutalität vor, dass man „Leaving Megalopolis“ ohne Weiteres im Horrorgenre verorten könnte. Nichts anderes als gewissenlose Tötungsmaschinen sind die Superhelden hier. Der Leser verbringt dabei die meiste Zeit mit einer kleinen Gruppe von zu Tode verängstigten Normalos, die einfach nur aus der Stadt flüchten wollen. Ein erbitterter und schonungsloser Kampf ums Überleben, der sich zum aktuellen Zeitpunkt – also auf dem Höhepunkt der Superhelden-Ära- prima als Gegengewicht verfilmen ließe.

Y: The Last Man

(Brian K. Vaughan and Pia Guerra)

Wieder und wieder befand sich „Y: The Last Man“ in der Drehbuch-Entwicklung. Bisher ist aus der geplanten Verfilmung des Kulthits nichts geworden. Was sich vielleicht noch als Glücksfall erweisen könnte. Immerhin sind es vor allem die raueren Töne und gesellschaftspolitischen Aspekte, die der dystopischen Sci-Fi-Geschichte um den letzten Mann auf Erden das gewisse Etwas geben. Und genau die fallen in Hollywood bekanntlich immer als erstes der Schere zum Opfer.

„Y: The Last Man“ erzählt die abenteuerliche Geschichte von Yorick Brown und seinem Affen Ampersand. Als alle lebenden Säugetiere mit einem Y-Chromosom unerwartet und simultan sterben, ist Yorick, ein nerdiger Amateur-Entfesselungskünstler plötzlich der letzte Mann auf Erden. Alle anderen Männer sind tot. Auch viele Frauen sterben aufgrund der zahlreichen Unfälle, die durch die sterbenden Männer verursacht werden, ebenfalls. Was bleibt, ist eine Gesellschaft aus verzweifelten Frauen, die auf sehr unterschiedliche Weise auf den bevorstehenden Untergang der Menschheit reagieren. Ein packender Klassiker, der eine werktreue Verfilmung verdient hätte.

The Sandman

(Neil Gaiman)

Lieber keine Verfilmung als eine schlechte. Neil Gaimans ergreifendes Epos gilt als eines der einflussreichsten und vielschichtigsten Werke der Comic-Geschichte. Ähnlich wie bei Alan Moores „Watchmen“ folgt auch dem „Sandman“ eine treue Fangemeinde, deren kultische Verehrung jeden potentiellen Produzenten vor eine große Herausforderung stellt.

Aktuell ist Joseph Gordon-Levitt dieser Mann. Gordon-Levitt beteuerte bereits mehrmals, dass er Gaimans Opus magnum unbedingt gerecht werden wolle. Doch die Komplexität des Stoffes und die visuellen Herausforderungen des für viele als unverfilmbar geltenden Stoffs dürfte es ihm schwer machen. Vielleicht bekommt „The Sandman“ nun genau den Rückenwind, den Joseph Gordon-Levitt für eine befriedigende Realisierung braucht.

The Invisibles

(Grant Morrison)

Im Grunde würden wir jedes zweite Buch vom unvergleichbaren Grant Morrison gerne auf der Leinwand sehen. Eigentlich alles von der kontroversen Comic-Ikone ist mindestens interessant. Meistes ist es aber so seltsam, so wahnwitzig, so bizarr und absurd, dass es trotz seiner enormen Reichweite in der Comicwelt niemals verfilmt werden würde. Und trotzdem, man wird ja noch träumen dürfen.

Dass wir uns in diesem Fall für „The Invisibles“ entschieden haben,  hat vor allem damit zu tun, dass wir uns den Cast der super-illustren Heldentruppe so gerne vorstellen. Wer soll in der Verfilmung wohl den brasilianischen Transgender-Schamanen spielen? Wer den im Körper eines Hooligans aus Liverpool wiedergeborenen Buddha? Fest steht, für eine werktreue Realisierung dieses beispiellos durchgeknallten Kampfes gegen die interdimensionalen Alien-Gottheiten würden wir unser letztes Hemd geben.