Die Deutsche Bahn spart sich kaputt. Das kriegen praktisch alle Fahrgäste tagtäglich zu spüren. Doch nicht nur die, intern sieht es kaum besser aus. Jetzt hagelt es Kritik aus den eigenen Reihen – und die lässt kaum ein gutes Haar an der DB.
Abgerechnet: Angestellte kritisieren DB scharf
Von Pünktlichkeit weit entfernt, der Service bestenfalls Mittelmaß und dazu Baustellen überall und noch auf Jahre – der Zustand der Deutschen Bahn lässt wirklich an allen Enden zu wünschen übrig.
Was den Kunden schon gehörig gegen den Strich geht, kriegen die Angestellten der Bahn allerdings jeden Tag bei der Arbeit zu spüren. Viele von ihnen haben jetzt gegenüber Focus online ausgepackt:
Zu wenig Angstellte: Bahn spart am Personal
„Wir Zugbegleiter sollen Ordnungs-, Sicherheits- und Wohlfühlatmosphäre herstellen, für die Fahrgäste jederzeit Ansprechpartner sein“, erklärt ein Zugchef gegenüber Focus.
Doch die Realität sehe anders aus – vor allem, weil zu wenige Kollegen an Bord sind. Gerade einmal vier Angestellte sind ihm zufolge für bis zu 1.000 Fahrgäste zuständig: „zwei Gastronomen, ein Zugchef und ein Betreuer“. Das reicht buchstäblich vorne und hinten nicht:
Sollte es mal zu einem medizinischen oder anderen Vorfall kommen, müssen uns die Fahrgäste im Zug suchen, um uns zu verständigen.
Wenn das nicht klappt, helfe nur noch die Notbremse. Dann müssten sich die Angestellten auf die Suche nach dem Problem machen.
Dazu komme – so der Vorwurf –, dass die Bahnmitarbeiter nicht mehr nur für ihren eigentlichen Beruf eingesetzt würden. Wer in der Gastro arbeitet, würde auch in der Sicherheit eingesetzt. Dazu gebe es nur eine kleine Schulung.
Auf der anderen Seite sollten Zugbegleiter oft „keine Fahrscheinkontrolle mehr durchführen, sondern Kaffee, Snacks und Getränke verkaufen“. Der Grund sei einfach – und lässt obendrein tief blicken:
Die Einnahmen aus Kombi-Tickets für den Fernverkehr, bei denen regionale ÖPNV-Betriebe Teile der Strecke übernehmen, müsse die DB Fernverkehr mit den anderen Unternehmen teilen. Was man an Verzehr und Getränken verdient, bleibe hingegen bei der DB Fernverkehr.
Der Darstellung des Zugchefs zufolge werde immenser Erfolgsdruck aus der obersten Etage aufgebaut. „Weniger Personal, mehr Arbeit in fremden Bereichen, weniger Bezahlung, Druck von oben, keine Motivation.“
„Auf Qualifikation wird komplett verzichtet“
Mit frischem Nachwuchs ist das Problem aber nicht zu lösen, wie eine Führungskraft offenbart, die dem Focus zufolge für rund 70 Angestellte zuständig ist: „Es ist inzwischen nur noch ein einziges Chaos in diesem Unternehmen“, lautet ihr Resümee.
Wer neu anfängt, höre entweder schnell wieder auf wegen schlechter Bezahlung bei extremen Bedingungen oder bediene sich noch bei der Ausstattung und lasse dann nie wieder von sich hören. Ihr zufolge lautet die Ansage von oben, „einfach jeden“ einzustellen. „Auf Qualifikationen wird komplett verzichtet“, außerdem bei der Ausbildung gespart.
Es gibt aber auch die, die der DB treu bleiben – zumindest scheint es so: „Viele von uns bleiben nur noch aus Bequemlichkeit oder feiern immer öfter krank“, erklärt die Führungskraft.
Das sagt die Deutsche Bahn
Die Vorwürfe gegen und Einblicke in die Arbeit bei der Deutschen Bahn zeichnen ein gruseliges Bild – aus Sicht der Angestellten, aber ebenso für jeden Fahrgast. Die DB erklärt etwa zu den harten Arbeitsbedingungen (Quelle: Focus):
Wie Mitarbeitende bei der DB eingesetzt werden, beruht auf Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, tariflichen Bestimmungen und ergänzenden betrieblichen Regelungen. Sämtliche Einsätze, Ruhezeiten und Freistellungen werden von den Betriebsräten mitbestimmt.
Man verweist zudem auf die Generalsanierung des Schienennetzes, die im Sommer 2024 angelaufen ist – und mindestens bis 2030 dauern soll, sofern ab 2027 noch weitere Gelder bereitgestellt werden.
Die Arbeiten am Schienennetz sollen die allgemeine Situation endlich verbessern: „Eine alte, störanfällige Infrastruktur belastet und frustriert auch unsere Kolleginnen und Kollegen, das können wir sehr gut verstehen“, so die Deutsche Bahn.