Mit dem Galaxy S25 Edge kehrt Samsung zurück zu extradünnen Handys. Braucht keiner, finden viele Tech-Kommentatoren. Und verkennen, dass Samsungs Plan durchaus clever ist – aber erst auf den zweiten Blick.
Ein Kommentar von Frank Ritter. Es folgt die Text-Version des oben eingebundenen Videos.
Wer direkt nach der offiziellen Vorstellung seinen Blick über die ersten YouTube-Videos zum Galaxy S25 Edge schweifen ließ, konnte einen Trend in der Bewertung des Gerätes erkennen: Hat keine Zielgruppe! Schuss in den Ofen! Für wen soll das sein? Erlaubt mir zu widersprechen.

Aber von vorne: Ich habe das S25 Edge mit dem S25 Plus aus dem Januar ’25 verglichen. Das ergab am meisten Sinn, weil die beiden Smartphones in Sachen Spezifikationen nah beieinander liegen. Außerdem nutze ich das S25 Plus sowieso gerade für einen Langzeittest, der demnächst auf dem YouTube-Kanal von GIGA erscheint. Wer den sehen möchte, kann uns dort kostenfrei abonnieren.
Das ist das Samsung Galaxy S25 Edge
Zuerst die Rahmendaten: Das S25 Edge ist 5,8 mm dick, das Plus mit 7,3 mm rund anderthalb mm dicker. Klingt nach einem nicht so großen Unterschied, sorgt aber schon für ein anderes Gefühl in der Hand. Das hat auch mit dem Gewicht zu tun, das Edge wiegt 163 Gramm und damit gerade so viel wie das kleine S25-Basismodell. Das S25 Plus ist wiederum 27 Gramm schwerer, also 190 Gramm. Dabei ist das S25 Edge zwar dünn, aber nicht surreal dünn. Das hat sicher auch mit den hervorstehenden Kameras zu tun, die zumindest an dieser Stelle die Dicke knapp verdoppeln.

Kleine Unterschiede gibt es auch bei den Materialien. Das S25 Edge hat einen Titan-Rahmen, sollte also einen Tick stabiler als das S25 Plus mit seinem Alu-Frame sein. Das ist wohl auch nötig, denn das Telefon soll ja nicht bananenförmig aus der Po-Tasche kommen, wenn man sich aus Versehen draufsetzt.
Optisch gibt es aber keinen Unterschied zwischen Alu und Titan. Vorne kommt noch ein etwas härteres Gorilla Glass Ceramic 2 zum Einsatz, hinten bleibt es bei Victus 2. Auch das ein Unterschied, den man im Alltag nicht merkt. Nach IP68 zertifiziert, also hinreichend gegen Wasser und Staub geschützt, sind beide.

Die Kameras unterscheiden sich. Offenkundig, das sieht man ja schon an ihrer Anzahl. Beim Edge fällt die separate 3×-Telekamera weg, die das Plus-Modell hatte. Dafür besitzt die Edge-Hauptkamera einen Sensor mit höherer Auflösung, nämlich 200 MP statt 50 MP. Das kann digitale Zooms etwas besser machen, weil das Bild aus dem Sensor einfach gecropt wird.
Ob das reicht, hängt davon ab, ob ihr gern mit Zoom fotografiert. Für mich persönlich sind optische Zooms eine der größeren Smartphone-Errungenschaften der letzten Jahre. Dass das S25 Edge drauf verzichtet, tut mir schon ein bisschen weh. Dafür hat das S25 Edge einen leicht besseren Ultraweitwinkel-Sensor, die Selfie-Kamera bleibt dieselbe.
Der Großteil Volumen und Gewicht in einem Smartphone geht natürlich für den Akku drauf. Die Batteriekapazität muss im S25 Edge also zwangsläufig kleiner sein. Aus 4.900 werden 3.900 mAh, das heißt: gut 20 % weniger Akku als im S25 Plus. Normalerweise sollte tägliches Laden reichen, aber um es mal auf Boomerdeutsch zu formulieren: Bevor ihr nach dem Büro in die Disco zum Abzappeln huscht, solltet ihr zwischendurch noch flott nachtanken.
Mit nur 25 Watt maximaler Ladeleistung ist das „flotte“ Nachladen eher relativ und dauert vielmehr schnarchend langsam. Das S25 Plus unterstützt immerhin Laden mit maximal 45 Watt. Beides ist aber nicht beeindruckend – Samsung, es wird dringend Zeit, dass eure Handys schneller laden. Umso mehr, wenn die Geräte einen kleineren Akku haben.
Der Rest ist praktisch identisch zwischen S25 Edge und Plus: Ihr bekommt ein 6,7-Zoll-AMOLED-Display mit WQHD+-Auflösung und 120 Hz, einen Snapdragon 8 Elite, 12 GB RAM bei 256 oder 512 GB an internem Speicher. Dazu Android 15, One UI 7 und 7 Jahre Updates für OS und Sicherheit. Kabelloses Laden ist möglich, die Stereo-Lautsprecher klingen ähnlich, der Vibrationsmotor ist, wenn überhaupt, dann nur geringfügig schlechter. In der Hinsicht holt Samsung alles aus der erheblich dünneren Bauhöhe heraus.

Die Farben vom S25 edge sind mir persönlich für ein Lifestyle-Smartphone zu konservativ. Schwarz, Silber und Icyblue, das in der Realität fast Weiß aussieht, ist mir zu unmutig. Und ein UVP ab 1.249 Euro ist einfach zu hoch.
Mit diesen Parametern ist klar, warum das S25 Edge erst einmal kein Kritikerliebling werden dürfte. Aber es ergibt für Samsung trotzdem Sinn, und zwar aus fünf Gründen.
Warum alle das Samsung Galaxy S25 Edge falsch einschätzen
Der erste Grund ist … Apple. Cupertino ist ein Trendsetter. Wenn Apple eine radikale Änderung an seinen Geräten vornimmt, oder auch nur ein Experiment umsetzt, macht es bald jeder. Im Herbst soll nun ein dünnes iPhone 17 Air kommen, das weiß man mittlerweile aus zahlreichen Leaks.
Samsung ist aber mit seinem dünnen Smartphone eher am Markt. Das bedeutet: First-Mover-Bonus für Samsung. Davon kann man sich als Kunde nichts kaufen, aber propagandaseitig ist es für Samsung natürlich wichtig, den nächsten großen Smartphone-Trend begründet zu haben. Wenn es denn einer wird.
Zweitens, etwas handfester: Produktqualität. Das S25 Edge ist nicht schlechter als das S25 Plus. Es ist eine Variante, ein Tradeoff, wenn man so will. Weniger Kamera-Flexibilität und Akkulaufzeit, dafür ist es dünner und leichter. Wenn dir egal ist, ob die Fotos deines Handys sehr gut oder ein bisschen sehr guter werden und du am Abend auch 10 % statt 25 % Rest-Akku haben kannst, ohne in kalten Schweiß auszubrechen, kannst du genauso gut auch das dünnere und ein bisschen coolere Smartphone nehmen.
Drittens: Der Faktor Preis. Zum Start ist das S25 Edge viel zu teuer, da gibt es kein Vertun. Es kostet aktuell nicht nur mehr als das S25-Plus-, sondern sogar mehr als das Ultra-Modell. Aber UVPs sind in der Regel ein paar Wochen nach Marktstart vergessen und die Preise bei Samsung sinken sowieso schnell. Ich schätze: Spätestens zum Black Friday im Herbst werden sich die Straßenpreise von S25 Plus und Edge angeglichen haben. Und dann können sich beide unter vergleichbaren Bedingungen messen.
Viertens: Identität. Die Plus-Modelle von Samsung werden momentan bei Weitem seltener gekauft als die kompakten Basis-Galaxy-S-Geräte und die High-End-Galaxy-S-Ultra-Modelle. Die Leute fragen sich zu Recht: „Wofür steht denn jetzt das Plus?“ Und eine richtige Antwort gibt es nicht. Das S25 Edge mag nur ein Testballon sein, es ist aber ein wichtiger.
Dieses Telefon hat, mit seinem Design-Anspruch und dem „Lifestyle-Faktor“, mit dem es ja auch beworben wird, eine eigene Identität. Und zwar eine, die gerade die Plus-Serie dringend brauchen könnte. Wenn das Edge ein Erfolg wird, könnte Samsung dessen Konzept schon beim S26 Plus oder S27 Plus einfach übernehmen. Dann wird das Edge zum „neuen Plus“.
Der fünfte und vielleicht wichtigste Grund: Mainstream. Die Schnittmenge aus Smartphone-Käufern und Smartphone-Enthusiasten ist unheimlich klein. „Normale Leute“ vergleichen keine Specs, die kaufen nicht das Modell mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis, passend zu ihrem bis in die Tiefe durchanalysierten Anforderungsprofil. Denen ist auch egal, dass das „Edge“ vor 10 Jahren bei Samsung noch etwas ganz anderes hieß.
Normale Leute gehen zu MediaMarkt, nehmen 5 Handys in die Hand, entscheiden sich nach 5 Minuten, welches davon sie kaufen und haben, wenn sie aus dem Laden treten, schon vergessen, wie ihr neues Smartphone heißt. Das meine ich übrigens nicht herablassend: Prioritäten sind unterschiedlich und das ist okay, erst neulich habe ich festgestellt, dass Smartphones heute gut genug sind. Aussehen und wie sich ein Handy anfühlt, spielt für viele eine deutlich wichtigere Rolle als das Datenblatt.
Und dieses Samsung Galaxy S25 edge, das fühlt sich richtig gut an.