Fitness-Tracker und -Apps zeigen in der Regel die tägliche Schrittzahl an. Das kann einerseits zu dem einen oder anderen Spaziergang motivieren, andererseits aber auch Stress auslösen, wenn man meint, sich zu wenig bewegt zu haben. Wie viele Schritte sollte man am Tag überhaupt gehen?
Viele Quellen geben an, dass man sich mindestens 10.000 Schritte am Tag bewegen sollte. Wie bei fast allen Fitness-, Ernährungs- und Gesundheitsregeln herrscht hier aber keine Einigkeit. Die genannte Marke geht auf einen Marketing-Gag aus den 1960er-Jahren zurück. „10.000 Schritte pro Tag“ ist also keine allgemein gültige Regel.
10.000 Schritte pro Tag? Das steckt hinter dem Mythos
Die 10.000 Schritte gehen auf eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO zurück (Quelle: ARD Alpha). Tatsächlich ist die Angabe bereits über 60 Jahre alt. Der japanische Hersteller Yamasa entwickelte im Rahmen der Olympischen Spiele 1964 einen Schrittzähler mit der Bezeichnung „Manpo-kei“. Der Name bedeutet so viel wie „10.000-Schritte-Zähler“. Durch Marketing-Kampagnen blieb die Zahl im Gedächtnis. Tatsächlich wurde damit aber keine Empfehlung für die Gesundheit angegeben. 10.000 war lediglich die maximale Anzahl der Schritte, die das Gerät anzeigen konnte, bevor es wieder auf „0“ zurückgesetzt wurde. Die Angabe von 10.000 Schritten täglich ist inzwischen überholt.
Tatsächlich sollen 7.500 Schritte die beste positive Auswirkung auf die Gesundheit haben. Vorteile beim Gehen von 10.000 oder mehr Schritten konnten die Forscher nicht feststellen (Quelle: Focus). Eine Studie aus dem Jahr 2019 ergab, dass bereits Frauen, die 4.400 Schritte pro Tag gingen, eine niedrigere Sterblichkeitsrate aufwiesen als diejenigen, die weniger Schritte zurücklegten. Zu einem anderen Ergebnis ist hingegen die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention gekommen, ihr zufolge sollten 10.000 Schritte täglich gegangen werden, um die körperliche Fitness zu verbessern. Zusätzlich sollten noch etwa 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche hinzukommen. Falls eine Gewichtsabnahme das Ziel ist, sind 13.000 Schritte und mindestens 300 Minuten körperliche Aktivität pro Woche sinnvoll (Quelle: AOK).
Die richtige Anzahl der Schritte pro Tag
Ganz so einfach ist die Angabe der richtigen Schrittzahl also nicht. Ein reines Schrittziel pro Tag bringt nichts, wenn man den Rest des Tages nur in der Bude hockt und Süßigkeiten sowie Fast-Food isst. Auch mit 15.000 Schritten pro Tag ist also nicht versprochen, dass man dadurch kurz- oder langfristig abnimmt. Ein gesunder Zustand hängt nicht nur von der reinen Bewegung, sondern auch vom Bewegungs- und vor allem vom Ernährungsverhalten ab. Wer langsam spazieren geht, wird schließlich weniger belastet, als jemand, der in einer kürzeren Zeit Schwimmen geht oder intensiv joggt. Allein die Schrittzahl eignet sich also nicht, um abzunehmen oder fit zu werden. Auch Krafttraining spielt hier eine Rolle. Das Muskel-Training für die Arme taucht zum Beispiel nicht auf dem Schrittzähler der Smartwatch auf, wirkt sich aber trotzdem positiv auf eure Gesundheit aus.
Spazieren, Joggen, Kraft-Training: Art der Bewegung wichtiger als Schrittzahl
Klammert euch also nicht an der 10.000-Marke fest und lasst euch nicht unter Druck setzen, wenn der Schrittzähler kurz vor Tagesende nur 8.000 Schritte anzeigt. Laut manchen Studien wirken sich auch schon 7.000 bis 8.000 Schritte pro Tag positiv auf die Gesundheit aus. Unter 6.000 Schritte solltet ihr täglich nicht fallen. Verschiedene Untersuchungen zeigten, dass Probanden über diesem Wert eine längere Lebenserwartung hatten und seltener an Diabetes erkrankten. Ab 6.500 Schritten waren nach oben hin keine großen Abweichungen mehr messbar (Quelle: Nordbayern.de). Wer täglich 30.000 Schritte zurücklegt, überlastet seine Gesundheit hingegen vermutlich deutlich.
Einer Harvard-Studie zufolge bringen bereits 2.300 bis 3.900 Schritte täglich Vorteile für die Herzgesundheit und sorgen für eine verringerte Sterblichkeit (Quelle: Harvard). In Metaanalysen liegt der ideale Bereich oft bei 6.000–8.000 Schritten für ältere Erwachsene und 8.000–10.000 Schritten für jüngere (Quelle: Gillings School of Global Public Health).
Pro 1.000 Schritte soll sich das Risiko laut Studien um 15 % bei der Gesamtsterblichkeit und pro 500 Schritte um 7 % bei Herz‑Kreislauf-Erkrankungen reduzieren. Studien zeigen auch, dass die Schrittzahl wichtiger ist als das Tempo. Ein zügigeres Gehtempo hat aber positive Effekte auf die Gesundheit und soll etwa Rückenschmerzen lindern (Quelle: National Institutes of Health).
Grundsätzlich solltet ihr euch bei Gesundheits-Tipps nicht auf Angaben von Webseiten, Blogs oder YouTube-Videos verlassen. Konsultiert stattdessen einen Arzt oder Fitness-Trainer. Im persönlichen Gespräch kann schließlich viel besser auf eure individuellen Eigenheiten wie die aktuelle Fitness, das Alter und die Motivation eingegangen werden als durch allgemeine Aussagen und Ableitungen von Studien.
Bewegung ist immer gut
Am Ende des Tages soll Bewegung vor allem Spaß machen und kein Zwang sein. Ich versuche zumindest für das innere Gefühl die 10.000 Schritte zu erreichen, bin aber auch nicht gleich krank, wenn es mal weniger sind. Die Smartwatch hilft mir aber sehr, nicht zu träge und gemütlich zu werden. Wer keine Freude am Gehen oder Laufen hat, kann seinen täglichen Bewegungsbedarf auch auf dem Fahrrad stillen.
Generell wirkt sich regelmäßige Bewegung positiv auf die Gesundheit, Psyche und Fitness aus. Hadert ihr also damit, ob ihr euren Einkauf zu Fuß oder per Auto durchführen sollt oder ob es sich noch lohnt, den Abendspaziergang zu starten, gebt euch einen Ruck und nutzt die Beine.
Tipp: Bei einigen Krankenkassen wie der Techniker Krankenkasse gibt es Bonusprogramme, die euch für regelmäßige Bewegung belohnen. Bei „TK Fit“ sollten es zum Beispiel 60.000 Schritte in einer Woche sein, also circa 8.600 pro Tag. Das Schrittziel müsst ihr nicht täglich erreichen, sodass man sich auch mal eine Ruhepause gönnen kann.