Während die Geschlechterverteilung unter Gamern auf der ganzen Welt laut Studien nahezu ausgeglichen ist, scheinen immer noch viele weibliche Streamer oder YouTuber in der Branche Schwierigkeiten damit zu haben, sich zu behaupten. Warum das so ist, darüber hat GIGA GAMES-Redakteurin Kamila mit Streamern und YouTubern gesprochen.

 
YouTube
Facts 

Wenn wir uns die Gaming-Community in Deutschland anschauen, ist die Verteilung von Frauen und Männern so gut wie einheitlich. Laut einer Statistik des Marktforschungsunternehmens Ipsos MORI aus dem Jahr 2016 sind Videospieler in Deutschland zu 49 Prozent weiblich und 51 Prozent männlich. In ganz Europa sind 44 Prozent aller Frauen Gamer. Ähnlich sieht es in den USA aus; dort zocken 41 Prozent der Frauen gerne.

Wenn sich also offenbar überall auf der Welt durchschnittlich fast genau so viele Frauen wie Männer mit Games beschäftigen, warum scheinen weibliche Streamer und YouTuber im Gaming-Bereich immer noch Probleme zu haben, akzeptiert zu werden?

Wir berichteten in der Vergangenheit mehrfach von unangenehmen Situationen, die Streamerinnen erlebt haben. Erst letztes Jahr im Juni hat sich Twitcherin AnneMunition während einer Rainbow Six Siege-Session üble Kommentare bis hin zu Morddrohungen anhören müssen.  Fortnite-Streamerin Pokimane musste im August 2018 Anzüglichkeiten eines 12-jährigen Fans über sich ergehen lassen. Dinge, die ihre männlichen Kollegen vermutlich eher selten am eigenen Leib erfahren.

Fortnite-Streamer Ninja möchte nicht mit Frauen streamen. So reagieren deutsche YouTuber und Streamer auf seine Begründung.

Fortnite-Streamer Ninja streamt nicht mit Frauen – Meinungen deutscher YouTuber und Streamer

Auf der gamescom 2018 haben wir mit deutschen Streamern und YouTubern gesprochen und sie dazu befragt, wie sie die Situation von Frauen auf Twitch einschätzen. YouTuber Asmoogl denkt, dass Frauen und Männer auf Twitch unterschiedliche Probleme haben.

„Frauen müssen sich halt ganz oft mit Aussagen nach dem Motto: 'Du ziehst dich halb aus vor der Kamera und deswegen bist du so erfolgreich‘ auseinandersetzen. Tatsächlich ist es eher so, dass Frauen zwar viele Zuschauer anziehen, aber die Zuschauerbindung auf lange Zeit und der Support, der durch die Zuschauer kommt, bei Frauen in der Regel immer etwas niedriger ist als bei Männern“, spricht er aus Erfahrung und stellt fest: „Gefühlt ist es bei Frauen so, dass sie sich weniger erlauben dürfen als Männer, bis es zu einem großen Aufschrei kommt.“

Auch YouTuberin Saftiges Gnu stellt fest, dass es Frauen anfangs leichter fällt, Aufmerksamkeit zu erregen und Reichweite aufzubauen: „Am Anfang haben sie oft mehr Zuschauer als ein Mann, der auch gerade anfängt zu streamen.“ Mit zunehmendem Erfolg, können sich aber auch unschöne Situationen entwickeln:

„Als bei mir eine riesige Anzahl an Abonnenten auf den Kanal geströmt ist, haben viele gesagt: 'Ach, du machst das nur wegen des Geldes‘ oder 'Gibt's in der Küche auch WLAN? Geh hinter den Herd!‘ Da merke ich dann schon, dass man als Frau nicht so akzeptiert wird wie ein männlicher Streamer mit einer vergleichbaren Abonnentenzahl. Da ist es bisschen schwieriger, anerkannt zu werden.“

Wir haben mit deutschen YouTubern und Streamer auch über ihr Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben gesprochen. Wie schwer es manchmal ist, eine klare Linie zu ziehen, liest du in unserem Artikel.

Das waren übrigens die bestbezahlten YouTuber im Jahr 2018:

Weniger Anerkennung durch scheinbar fehlende Expertise

Ich habe in dem Zusammenhang mit dem Medienpsychologen Prof. Dr. Clemens Schwender von der SRH Hochschule der populären Künste in Berlin gesprochen. Er stellt eine interessante Vermutung auf.

„Es kommt hier sehr auf das Feld der Kompetenz an. Natürlich gibt es Bereiche, in denen Frauen Vorteile haben, wenn zum Beispiel Influencerinnen etwas über High Heels und Kleidung erklären, hat das sicherlich eine höhere Glaubwürdigkeit, als wenn ich sowas machen würde. Auf der anderen Seite gibt es sicherlich Dinge, bei denen man eher männliche Kompetenz erwartet. Man weiß beispielsweise, dass es mehr Musiker als Musikerinnen gibt, daher wird man vermutlich mehr männliche Leute finden, die erklären, wie ein Stück auf der Gitarre gespielt wird.“

Tatsächlich verstärkt eine Ende Januar 2019 erschienene Studie zur Sichtbarkeit von Gender in YouTube genau diese These. Frauen zeigen sich demnach vor allem mit Formaten und Themen, die als stereotyp weiblich gelten. Das sind beispielsweise Bereiche wie Beauty, Food oder Beziehung/Partnerschaft. Zudem sind männliche YouTuber mit einem breiteren Themenfeld für die Nutzerschaft sichtbar und bedienen mehr Genres. Auffällig ist dabei, dass gerade im Gaming-Bereich von insgesamt 156 untersuchten YouTubern lediglich sechs davon weiblich sind. Hinzu kommt, dass Männer ihre Tätigkeit eher als professionelles Können deklarieren, während Frauen ihr Handeln hingegen meist als Hobby darstellen.

Ich kann mir vorstellen, dass dieser Umstand vermutlich von Zuschauern bewusst oder unbewusst als fehlende Expertise der weiblichen YouTuber interpretiert wird, weshalb sie im Umkehrschluss weniger ernstgenommen werden könnten.