Apple wollte das Cockpit mit dem iPhone und dem neuen CarPlay revolutionieren – doch die Realität sieht anders aus.
Ein Kommentar von Sven Kaulfuss
CarPlay Ultra: Aktuell nur etwas für iPhone-Nutzer mit extrem dicker Brieftasche
Das E-Auto von Apple ist längst Geschichte und fast schon vergessen. Stattdessen konzentriert sich der iPhone-Hersteller nun darauf, das „Apple-Erlebnis“ ins Automobil zu übertragen. CarPlay, wie wir es bisher kannten, war dabei nur der Anfang. Mit der nächsten Generation des Systems sollte CarPlay deutlich tiefer in die Fahrzeugfunktionen eingreifen – Radio, Klimaanlage, Fahrzeug-Instrumente und vieles mehr. So lautete zumindest die Absichtserklärung, die Apple der Welt im Sommer vor drei Jahren präsentierte.
Apples Ankündigung auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz im Jahr 2022:
Ich war sofort begeistert und feierte damals in einer Ausgabe meiner Wochenendkolumne hier bei GIGA Apples mutigen Schritt als „Husarenstück“. Denn was Apple den Automobilherstellern da „aufschwatzte“, war nichts Geringeres als die Machtübernahme im Cockpit – ein angeschlossenes iPhone sollte fortan als personalisierte Benutzeroberfläche dienen. Apple müsste gar kein eigenes E-Auto bauen, wenn es stattdessen – vereinfacht gesagt – das Betriebssystem für jedes neue Auto liefert.
Doch bis zur Serienreife sollte noch viel Zeit vergehen – zu viel. Das von Apple selbst gesteckte Ziel zum Jahresende 2024 ließ man kommentarlos verstreichen. Erst jetzt, im Mai 2025, hält Apple Wort und präsentiert „CarPlay Ultra“ – der neue Name für die fortschrittliche iPhone-Fahrzeugverbindung. Doch nur ein sehr kleiner Teil der Apple-Kundschaft wird davon profitieren: Zum Start wird „CarPlay Ultra“ lediglich in Luxusfahrzeugen von Aston Martin angeboten – und auch nur in den USA und Kanada. Kurios: Selbst der Heimatmarkt des bekannten Dienstwagens von James Bond – Großbritannien – geht leer aus.
Das Ergebnis nach drei Jahren nennt sich CarPlay Ultra:
Gegenüber der Presse erklärt Apple, dass „viele“ Autohersteller weltweit planen, CarPlay Ultra innerhalb des nächsten Jahres einzuführen (Quelle: Apple). Konkreter wird man allerdings nur bei drei Marken: Hyundai, Kia und Genesis – alle gehören zur Hyundai Motor Company. Doch wie belastbar ist dieses Versprechen von Apple überhaupt?
Apple nimmt den Mund zu voll
Vor drei Jahren tauchten in der offiziellen Liste noch ganz andere Namen auf: Acura, Audi, Ford, Honda, Infiniti, Jaguar, Land Rover, Lincoln, Mercedes-Benz, Nissan, Polestar, Porsche, Renault und Volvo. Ob diese Hersteller allesamt weiterhin an Bord sind? Das darf stark bezweifelt werden.
Stand heute wissen wir nur, dass Porsche Ende 2023 einen ersten Ausblick auf ein Kombiinstrument der nächsten Generation mit CarPlay-Integration gegeben hat. Seitdem herrscht Funkstille – neue Informationen oder Fortschritte wurden nicht kommuniziert. Parallel dazu äußerte sich die Führung von Mercedes-Benz kritisch und betonte, dass man nicht bereit sei, Apple die vollständige Kontrolle über das Software-Erlebnis im Fahrzeug zu überlassen. Kurz gesagt: Die Autohersteller scheinen erkannt zu haben, dass sie mit „CarPlay Ultra“ die Hoheit über das Cockpit aus der Hand geben würden.
So sehr mich die Idee hinter „CarPlay Ultra“ noch immer fasziniert, so sehr wünsche ich mir, Apple würde nicht so vollmundig über ungelegte Eier sprechen. Die Erwartungen wurden bislang nicht erfüllt. Auf massive Verzögerungen folgte nun die Ernüchterung – und erneut macht Apple nur vage Versprechen, deren Umsetzung in den Sternen steht.
Apple sollte lernen, den Mund nicht zu voll zu nehmen – und Ankündigungen erst dann machen, wenn mehr als bloße Absichtserklärungen dahinterstehen. Andernfalls leidet die Glaubwürdigkeit, und das System Apple droht zur Vaporware zu verkommen.
Nicht falsch verstehen: Ich halte die Idee nach wie vor für genial. Doch ganz offensichtlich ist die Automobilwelt auch drei Jahre später noch nicht bereit dafür – zumindest nicht die, die Autos für die breite Masse produziert. Und das ist irgendwie bedauerlich.