Dass die Deutsche Bahn sich verspätet, ist längst so ein alter Hut, dass sogar 2.629.800 Minuten mich nicht mehr vom Hocker hauen. Ein Kommentar von Felix Gräber
Wer noch überrascht tut, wenn die Bahn mal wieder eine happige Verspätung verkündet, hat sich immerhin noch einen Rest Galgenhumor bewahrt. Denn genau das ist gerade – mal wieder – geschehen: 2.629.800 Minuten später als ursprünglich geplant soll die überfällige Generalsanierung nun abgeschlossen werden – oder eben mit fünf Jahren Verspätung.
Die Bahn wird einfach nicht fertig
Ich bin versucht zu sagen: im Bahn-Jargon also fast pünktlich. Wenn Züge erst ab 6 Minuten als verspätet gelten, kann man fünf Jahre mehr bei einem Großprojekt wie der Sanierung von 40 viel befahrenen Trassen, Bahnhöfen, Stellwerken und noch einigem mehr einfach durchgehen lassen.
Mit der jetzt angepassten Planung liegt die Bahn schließlich voll im Zeitplan. 2031 sollte dem ersten Aufschlag zufolge alles erledigt sein. Erst kürzlich hieß es: Das wird nichts. 2035 wurde als neue Zielmarke gesetzt. Nur wenige Tage später wissen wir: 2036 – dann aber auch wirklich (Quelle: Tagesschau). Jeder Gebrauchtwagenhändler würde euch die Hand drauf geben!
Die Planung der DB erinnert mich an die Versprechen – in Ermangelung eines treffenden Begriffs – von Elon Musk: Teslas werden ganz alleine fahren, autonom und ohne Hilfe von einem Fahrer. Das verspricht der CEO mit den fragwürdigen Ansichten seit Jahren – und glaubt man ihm, steht die Vollendung immer kurz bevor. Glaube ich der Bahn also in diesem Fall?
DB will 2036 Sanierung beenden: Ich bin mir da nicht so sicher
Nein, nicht wirklich. Kostensteigerungen, Verzögerungen und allerlei Unvorhergesehenes – jeder private Bauherr kennt die Probleme. Bei der Bahn kommt noch dazu, dass viele Entscheidungen auf politischer Ebene getroffen werden müssen. Neue Mittel, neue Vorgaben – in den nächsten elf Jahren kann noch viel passieren.
Außerdem dürfte die Bahn mit ihren Großvorhaben für die nächsten Jahre zu den wichtigsten und zahlungskräftigsten Auftraggebern in der Baubranche in ganz Deutschland gehören. Sobald von neuen Mitteln die Rede ist, wundert es mich auch nicht, wenn die Kosten wieder steigen.
Eine einzige Strecke hat die Bahn von ihrem großen Plan bisher abgehakt: die Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt. Wie der damalige Verkehrsminister Volker Wissing mehrfach betont hat, lag man im Zeitplan. Glückwunsch, bleiben nur noch 39 Streckenabschnitte – Hamburg-Berlin ist als nächstes dran – Bahnhöfe und viele weitere Stellen, die dringend renovierungsbedürftig sind.
Von den geplanten elf Jahren voller Streckensperrungen, Bauarbeiten und verspäteter Züge sind übrigens die Planungen erst für 2026 und 2027 festgezurrt. Alles danach ist noch flexibel, kann sich also verschieben – von den Kosten werde ich lieber gar nicht anfangen.
Fahrt Bahn, aber traut der DB nicht
Mein Rat: Macht es euch für die kommenden Jahre direkt zur persönlichen Gewohnheit, euch nicht auf die Angaben der Bahn zu verlassen. Ob es um die Arbeiten oder um eure Zugverbindung geht: Rechnet damit, dass alles anders kommt.
Das gilt vor allem, wenn ihr selbst pünktlich an eurem Ziel ankommen müsst. Sucht Verbindungen, mit denen ihr im Notfall sogar noch trampen könntet und es trotzdem rechtzeitig schafft, sicher ist sicher. Ihr werdet zwar keine 2 Millionen Minuten lange Verspätung haben, aber wenn es darauf ankommt, sind nun einmal auch 5 Minuten zu viel – lasst euch von der Bahn nichts anderes weismachen.